Politik: Israel vor der Wahl: Im Schatten der Erinnerung an Sabra und Schatila
Ungläubig starrt die arabische Welt auf Israel. Ariel Scharon, der Verantwortliche für die Invasion Libanons und Mitverantwortliche für die Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Schatila, wirkt auf die meisten Araber wie ein rotes Tuch.
Ungläubig starrt die arabische Welt auf Israel. Ariel Scharon, der Verantwortliche für die Invasion Libanons und Mitverantwortliche für die Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Schatila, wirkt auf die meisten Araber wie ein rotes Tuch. Während Libanon und Palästinenser offen vor den Konsequenzen der Wahl Scharons zum Premierminister warnen, halten sich Jordanien und Ägypten, jene beiden Ländern, die Friedensverträge mit Israel haben, ausdrücklich zurück. Der libanesische Premier Rafiq Hariri spricht offen aus, was viele denken: "Frieden mit Scharon ist unmöglich. Er ist auf Konfrontation aus."
Die Regierungen in Amman und Kairo hingegen verhalten sich abwartend. Sie wollen jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten Israels vermeiden. Äyptens Präsident Hosni Mubarak erklärte in einem Interview mit dem israelischen Fernsehen, dass Scharon "willkommen sei, wenn er an der politischen Stabilität der Region interessiert ist". Mubarak betont, das er den früheren General bisher nur einmal getroffen habe. Doch verkneift er sich nicht eine Anspielung auf die Vergangenheit Scharons: "Von Zeit zu Zeit höre ich ihn furchtbare Geschichten von Sabra und Schatila erzählen". In den beiden Palästinenserlagern bei Beirut waren 1982 unter den Augen der Israelis Hunderte Flüchtlinge von christlichen Milizen ermordet worden. Ein israelisches Gericht hatte den Verteidigungsminister Scharon indirekt mitverantwortlich für die Massaker gemacht. Daraufhin trat er von seinem damaligen Amt zurück.
Am weitesten entgegengekommen ist dem potenziellen Wahlsieger der jordanische Premierminister Ali Abu al-Ragheb: "Die Wahl Scharons macht uns keine Angst." Wenn er die Wahl gewinne, wäre er Premierminister und nicht mehr nur Parteichef des Likud - damit müsse er sich an internationale Verpflichtungen halten. Sorgen würde man sich nur, wenn der Friedensprozess aufgehalten werde.
Die Lage der jordanischen Regierung, die sich mit einer immer breiteren Kampagne gegen die Normalisierung der Beziehungen zu Israel konfrontiert sieht, ist derweil noch schwieriger geworden. Vor kurzem hat die Polizei Autoren einer "schwarzen Liste" verhaftet, auf der Firmen und Einzelpersonen, die Beziehungen zu Israel haben, als Verräter beschimpft werden. Dieser Machtkampf in Jordanien könnte sich mit der Wahl Scharons noch zuspitzen. Der Volksmeinung in der arabischen Welt am nächsten kommt die syrische Position. Syrien hatte Scharon bereits verprellt, als er eine Rückgabe des Golan ausschloss. Die Regierungszeitung "Tishrin" sieht zwischen Barak und Scharon keinen Unterschied, "beide haben zahlreiche Verbrechen begangen".