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Joe Biden und Elizabeth Warren: Beide wollen ins Weiße Haus

© AFP

Donald Trumps Wunschgegnerin: Joe Biden angeschlagen, Elizabeth Warren holt auf

Läuft es bei den Demokraten auf ein Duell zwischen Biden und Warren hinaus? Viel deutet darauf hin. Und das ist ganz im Sinne des US-Präsidenten.

Joe Biden versucht es mit der Vorwärtsverteidigung. Zu lange schon hat sich der ehemalige Vizepräsident, der sich bereits als demokratischer Herausforderer von US-Präsident Donald Trump bei der Wahl im kommenden Jahr sah, in der Ukraine-Affäre anhören müssen, wie zwiespältig über die lukrativen Jobs seines Sohnes und über seine eigene Verantwortung dafür geredet wurde. Es sind politisch brisante Spekulationen über die Frage, ob Hunter Biden von den politischen Verbindungen seines Vaters geschäftlich profitierte – und Joe Biden dies einfach geschehen ließ.

Trump, dem man so einiges vorwerfen kann, aber nicht, dass er keinen politischen Instinkt hat, wittert, wie gefährlich die Situation für den Mann ist, von dem viele bislang glaubten, dass er den Präsidenten am ehesten schlagen könne. Seit Tagen stellt Trump bei jeder Gelegenheit die Frage: „Wo ist Hunter?“

Am Sonntag reagierte Hunter Biden dann erstmals auf die von Trump erhobenen – und bis heute unbelegten – Korruptionsvorwürfe, aller Wahrscheinlichkeit nach auf Drängen der Strategen seines Vaters. Er verteidigte seine Arbeit in der Ukraine und in China, kündigte aber gleichzeitig an, sich noch in diesem Monat aus dem Verwaltungsrat der von China gestützten Privat-Equity-Firma BHR zurückzuziehen. Auch auf Tätigkeiten für ausländische Unternehmen wolle er verzichten, sollte sein Vater Präsident werden, teilte er über einen Anwalt mit.

Biden reagiert auf Trump

Joe Biden selbst legte nach und erklärte, dass er sich im Falle eines Wahlsiegs 2020 bestimmte Ethikregeln auferlegen wolle, um Interessenskonflikte zu vermeiden. In einem Weißen Haus unter seiner Führung werde es seinen Familienangehörigen nicht erlaubt sein, Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Unternehmen oder Regierungen zu unterhalten. Zudem dürften sie kein Büro im Weißen Haus haben oder an Kabinettssitzungen teilnehmen, sagte Biden bei einem Auftritt in Des Moines (Iowa).

Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren auf der "Pride-Parade" in Los Angeles.
Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren auf der "Pride-Parade" in Los Angeles.

© John Locher/AP/dpa

Ob der Befreiungsschlag glückt oder ob es bereits zu spät ist, kann keiner mit Gewissheit sagen. Was sich sagen lässt, ist, dass Joe Bidens Präsidentschaftskampagne bereits empfindlich Schaden genommen hat. Nach seiner Kandidaturankündigung lag der 76-Jährige in Umfragen monatelang vorne. Biden ist bei vielen Wählergruppen beliebt und respektiert, und obwohl seine Wahlkampfauftritte in der Regel keine großen Begeisterungsstürme hervorrufen, wurde ihm lange am ehesten zugetraut, entscheidende Wählerstimmen der arbeitenden Mittelschicht zurück zu den Demokraten zu holen.

Warren hat Biden in manchen Umfragen bereits überholt

Doch seit ein paar Wochen hat Elizabeth Warren stark aufgeholt – in einigen Umfragen hat ihn die linksstehende Senatorin aus Massachusetts sogar bereits überholt. Auch bei Afroamerikanern, eine Gruppe, die bislang eher Barack Obamas einstigem Vizepräsidenten zuneigten, legt sie zu. Manche ihrer Auftritte ziehen inzwischen Massen an, in New York sprach sie im September vor rund 20.000 Menschen. Gleichzeitig nimmt sie sich regelmäßig viel Zeit, um ins persönliche Gespräch mit ihren Zuhörern zu kommen. Die Selfie-Schlangen sind bereits legendär. Und, auch das ist ein Indiz: Sie sammelte zuletzt mehr Spenden ein als Biden.

Wenn beide nun an diesem Dienstag bei der vierten TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber aufeinandertreffen, werden die großen Fragen lauten: Ist Elizabeth Warren jetzt der klare Favorit ihrer Partei? Und was macht die Debatte über ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump beziehungsweise dessen Attacken gegen die Bidens mit dem demokratischen Vorwahlkampf?

Ist es nur noch ein Zweikampf?

Die verbliebenen Präsidentschaftskandidaten werden sich gegen die Theorie wehren, dass das Rennen auf einen Zweikampf zwischen Biden und Warren hinausläuft. Aber alles sieht derzeit danach aus. Auch wenn immer wieder dazugesagt werden muss, dass noch Monate vergehen werden, bis die Demokraten ihren Kandidaten endgültig festlegen.

Auf der Bühne in Ohio werden neben den beiden Favoriten zehn weitere Kandidaten stehen, unter anderem der ebenfalls beim linken Flügel der Partei beliebte unabhängige Senator aus Vermont, Bernie Sanders. Doch seit dessen Herzinfarkt vor zwei Wochen glauben wohl nur noch wenige, dass der 78-Jährige die nötige Kraft und Ausdauer hat, um seine Kampagne erfolgreich zu Ende zu bringen. Würde er aufgeben und seinen Anhänger signalisieren, dass sie statt seiner Warren unterstützen sollen, könnte die 70-Jährige ihre Position festigen.

Genau das sieht so mancher Parteistratege jedoch mit Sorge. Wenn der Präsident in der Lage wäre, das Ansehen eines moralisch unumstrittenen und moderaten Kandidaten wie Biden nachhaltig zu beschädigen, was kann er dann erst gegen eine Bewerberin anrichten, die deutlich stärker polarisiert? Dass Trump mit seinen Warnungen vor „sozialistischen“ Politikern und der „verrückten Linken“ seine Basis mobilisieren kann, lässt sich bei seinen Auftritten regelmäßig beobachten. Warrens zahlreiche politische Ideen etwa zu einer Reichensteuer oder der Zerschlagung großer Internetkonzerne kommen nicht überall an.

Rechte Medien stürzen sich auf die linke Senatorin

Schon jetzt stürzen sich rechte Medien auf sie, und dabei gerne auf angebliche Unstimmigkeiten in ihrer Vergangenheit. So versuchten Journalisten gerade, Warren eine Lüge zu unterstellen, wenn sie von ihrer Entlassung als Lehrerin mit 22 Jahren erzählt. Warren begründe das mit ihrer Schwangerschaft, in einem Interview 2007 habe sie ihr Ausscheiden allerdings mit fehlenden Qualifikationen ihrerseits erklärt. Warren hält dagegen: Sie habe nie davon gesprochen, gefeuert worden zu sei, sondern dass man ihr „die Tür gewiesen“ habe. Genauso gerne werfen ihre Gegner ihr vor, in offiziellen Dokumenten angegeben zu haben, dass indianisches Blut in ihren Adern fließe, um ihre Karrierechancen zu verbessern. Dass sie sich gegen Trumps Angriffe – er verspottet sie in Anspielung auf eine legendäre indianische Häuptlingstochter mit dem Spitznamen „Pocahontas“ nach der – mit einem DNA-Test wehren wollte, war dann mindestens ungeschickt.

Beobachter gehen davon aus, dass Trump glaubt, Warren im Herbst 2020 leichter schlagen zu können als Biden. Schon daher wird er auch weiterhin nach Hunter Biden fragen.

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