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2022 gab es nach Angaben der EU eine Million Meldungen über Missbrauchsdarstellungen im Netz (Symbolbild).

© picture alliance/dpa/Andreas Franke

Johansson kritisiert Deutschland: EU-Kommissarin fordert verstärkten Kampf gegen Kindesmissbrauch im Netz

Wenn ihre Pläne nicht umgesetzt würden, gebe es ab 2024 keinen Schutz mehr im Internet, sagt die Schwedin. Die Haltung der Bundesregierung rügt sie.

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EU-Kommissarin Ylva Johansson hat vor einem drohenden Rückschlag im Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet gewarnt. Wenn es keine Einigung über ihre Pläne gebe, „dann wird es ab 2024 keinen Schutz mehr vor sexuellem Kindesmissbrauch im Netz geben“, sagte die Schwedin dem „Spiegel“.

Sie wies darauf hin, dass die gegenwärtige Regelung, wonach Anbieter die digitale Kommunikation auf Missbrauchsfotos oder -videos durchsuchen dürfen, 2024 auslaufe. Die EU-Kommissarin für Inneres befindet sich demnach an diesem am Freitag zu Gesprächen zum Thema in Berlin.

Im vergangenen Jahr gab es Johansson zufolge eine Million Meldungen über Missbrauchsdarstellungen, die in Chats oder Online-Nachrichten verbreitet worden seien. „Ohne meine neue Gesetzgebung wird es diese Meldungen nicht mehr geben“, sagte sie. Die dafür nötigen Instrumente würden dann in der EU verboten sein.

Es geht um viele Kinder, die wir retten können.

Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres

Johansson will Anbieter dazu verpflichten, ihre Dienste auf Bilder oder Videos von Kindesmissbrauch zu überprüfen, wenn dafür ein Risiko besteht.

Die Bundesregierung steht den Plänen aus Brüssel demnach kritisch gegenüber. Sie befürchte, dass dadurch die 9325703 in Messengerdiensten wie WhatsApp oder Signal möglich würde.

Johansson wies dies zurück. „Die Verschlüsselung wird nicht infrage gestellt“, so die EU-Kommissarin. „Aber es kann doch nicht sein, dass man sagt: Es handelt sich um verschlüsselte Kommunikation, da darf es keinerlei Überprüfung geben.“

Sie habe nicht vor, die Überprüfung von digitaler Kommunikation auszuweiten, sagte die 58-Jährige. „Ich will, dass nur unter bestimmten Umständen und nur nach einer gerichtlichen Entscheidung zugelassene Technologie für einen genau definierten Zeitraum verwendet werden darf, um Kindesmissbrauch zu bekämpfen. Das ist weniger, als heute möglich ist“, sagte Johansson.

Die teils harsche Kritik an ihren Plänen erklärte sie sich damit, dass sich die betreffenden großen Unternehmen von ihr herausgefordert fühlten. „Die wollen nicht reguliert werden. Und sie haben eine Menge Macht. Also kämpfen sie natürlich“, sagte Johansson.

Doch seien die Unternehmen die Einzigen, die sexuellen Missbrauch von Kindern im Netz stoppen könnten. „Und er findet immer mehr im Internet statt, und es wird immer schlimmer“, so die EU-Kommissarin. „Es geht um viele Kinder, die wir retten können.“

Auf die Frage, welche Schritte konkret unternommen werden sollten, sagte Johansson, die Unternehmen sollten zunächst selbst eine Risikobewertung vornehmen und diese den zuständigen Behörden vorlegen. „Wenn diese zu dem Schluss kommen, dass das Risiko bei einer bestimmten Art von Kommunikation oder bei einer bestimmten Art von Diensten hoch ist, dann verpflichten sie die Anbieter, entsprechende Schritte einzuleiten, um die Verbreitung von Missbrauchsabbildungen zu verhindern“, sagte sie. Gegebenenfalls müssten am Ende Gerichte entscheiden. (KNA, Tsp)

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