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Politik: Kanzler für breite Debatte über Gewalt

Von Markus Feldenkirchen Berlin. Nach dem Massaker von Erfurt haben zahlreiche Politiker eine Bundestagsdebatte über die Gewalt in der Gesellschaft gefordert.

Von Markus Feldenkirchen

Berlin. Nach dem Massaker von Erfurt haben zahlreiche Politiker eine Bundestagsdebatte über die Gewalt in der Gesellschaft gefordert. Als Konsequenz aus der Bluttat will die Bundesregierung energischer gegen Gewalt in den Medien vorgehen. Kanzler Schröder kündigte Gespräche mit den Intendanten der Fernsehanstalten an. Zudem plädierte die Regierung für Verschärfungen im Waffenrecht und beim Jugendschutz. In der kommenden Woche will Schröder darüber mit den Regierungschefs der Länder beraten. In Erfurt nahmen Tausende Schüler an Trauermärschen durch die Innenstadt teil. Bundesweit gedachten Schüler der Opfer.

Dies sei weder die Zeit für parteipolitische Auseinandersetzungen noch für gegenseitige Schuldzuweisungen, sagte Schröder am Montag. Vielmehr brauche man eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Gewalt in der Gesellschaft, unabhängig von Parteizugehörigkeit. Schröder lud die Intendanten der Rundfunk- und Fernsehanstalten für Donnerstag zum Gespräch ein. Dabei sollen die Wirkungen von Gewaltdarstellungen im Fernsehen und Möglichkeiten besprochen werden, diese zu begrenzen. Der Kanzler will ausloten, ob es eine freiwillige Selbstbeschränkung der Sender geben kann.

Ähnlich wie Schröder verlangte UnionsKanzlerkandidat Stoiber (CSU) eine breitere gesellschaftliche Debatte über Gewalt. "Es ist eine höhere Intoleranz notwendig gegen Gewaltverherrlichung und die Akzeptanz von Gewalt in unserer Gesellschaft." Bundestagspräsident Thierse unterstützte die Idee einer Bundestagsdebatte über die Konsequenzen aus Erfurt. Entsprechende Vorschläge würden schnell aufgegriffen, sagte Thierse dem Tagesspiegel. Ex-Außenminister Genscher warnte vor Wahlkampftönen. Notwendig sei eine "unvoreingenommene Debatte im Bundestag", die nicht in dem Bewusstsein geführt werden dürfe, immer schon Recht gehabt zu haben, schrieb Genscher in einem Beitrag für den Tagesspiegel. Innenminister Schily (SPD) warf Bayerns Innenminister Beckstein (CSU) vor, mit dem Amoklauf Wahlkampf zu betreiben. Daher solle er aus dem Wahlkampfteam von Unions-Kanzlerkandidat Stoiber zurücktreten. Beckstein verteidigte dagegen seine Vorwürfe gegen Familienministerin Bergmann (SPD). Statt Gewalt verherrlichende Video- und Computerspiele zu verbieten, sei sie "in skandalöser Weise untätig" gewesen. Das Familienministerium kündigte an, man werde alles tun, um noch in dieser Legislaturperiode die geplante Jugendschutznovelle zu verabschieden. "Aber es wird eng", sagte eine Ministeriumssprecherin und machte vor allem das Verhalten Bayerns im Bundesrat für die Verzögerung verantwortlich. In der Novelle soll unter anderem der Zugang zu gewaltverherrlichenden Video- und Computerspielen erschwert werden.

Schröder sprach sich für "gravierende Veränderungen" im deutschen Waffenrecht aus. Er werde mit den Ministerpräsidenten der Länder ausloten, wie das Waffengesetz gemeinsam verschärft werden könne, sagte er. Der Grünen-Innenexperte Özdemir warf der Waffenlobby ein "doppelbödiges Spiel" vor. Einerseits signalisierten die Verbände Bereitschaft, mit der Regierung über schärfere Regeln für den Waffenbesitz zu sprechen. Andererseits würden lokale Gliederungen aufgefordert, "Stimmung gegen Rot-Grün" und deren Pläne zu machen, sagte Özdemir. Unionsfraktionsvize Bosbach schloss eine Verschärfung des Waffenrechts nicht aus, warnte aber vor "Aktionismus". Die Polizei in Erfurt prüft indes, ob der Amokläufer vor der Tat Warnungen per Handy verschickte.

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