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Die Digitalisierung schreitet voran. Die Bundesregierung will aber alles beim Alten belassen.

© Jörg Carstensen/dpa

Große Koalition: Kein Chief Digital Officer für Deutschland

Digitalisierung ist das große Thema im Koalitionsvertrag. Doch eine zentrale Koordination in der Regierung gibt es weiterhin nicht.

Es gibt wohl kaum ein Wort, das im Entwurf des Koalitionsvertrags häufiger vorkommt: 93 Mal „Digitalisierung“ auf 177 Seiten, also auf mehr als jeder zweiten Seite – doch für ein eigenes Kapitel hat es nicht gereicht. Auch haben sich die Unionsparteien und die SPD weder auf ein eigenständiges Digitalministerium noch auf einen Chief Digital Officer, einen Staatsminister für Digitales im Bundeskanzleramt, verständigt. Stattdessen wabert das Wort „Digitalisierung“ durch den Vertragsentwurf, wie sich das Thema auch künftig durch die Ministerien ziehen wird, ohne dass jemand die Fäden zusammenführt.

Dabei hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch nach den Sondierungsgesprächen am 12. Januar gesagt, dass die neue große Koalition die „Gigabit-Gesellschaft“ formen wolle – und zwar nicht nur durch den Breitbandausbau. „Wir müssen schneller werden in allen Bereichen“, betonte sie. Doch warum haben sich die Parteien dann nicht auf einen Tempogeber einigen können? Warum ist Digitalisierung nur ein Unterpunkt in Kapitel vier des Entwurfs: „Offensive für Bildung, Forschung und Digitalisierung“?

Eine stärkere Konzentration mit Koordination im Kanzleramt sei in den Gesprächen nicht durchsetzbar gewesen, heißt es von Unionsseite – was jedoch verwundert, denn SPD-Generalsekretär und Digitalpolitiker Lars Klingbeil hatte selbst die neue Position eines Digitalministers gefordert. Die Union hatte im Wahlprogramm immerhin einen Staatsminister für Digitalpolitik im Kanzleramt angekündigt.

Alles bleibt beim Alten

Nun gibt es beides nicht – stattdessen bleibt alles beim Alten: Das Bundesverkehrsministerium soll wie bisher für digitale Infrastruktur zuständig sein, als möglicher Nachfolger vom bisherigen Minister Alexander Dobrindt (CSU) wird CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer gehandelt. Und das Bundeswirtschaftsministerium unter dem möglichen neuen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kümmert sich weiter um Themen wie digitale Wirtschaftsförderung und Netzpolitik. Dass beide Ressorts nun in Unionshand sind, könnte womöglich die Abstimmung erleichtern – oder eben auch nicht. Denn dass sich die Parteien nicht auf einen Digitalminister oder Staatsminister verständigt haben, liegt vielleicht auch daran, dass keine Seite Kompetenzen abgeben wollte.

Dennoch schließt Dorothee Bär (CSU), bisher Staatssekretärin im Verkehrsministerium und Mitglied der Arbeitsgruppe Digitales, die Installation eines Chief Digital Office im Kanzleramt nicht aus. „Ohnehin muss jedes Ministerium ein Digitalministerium sein“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Auch SPD-Generalsekretär Klingbeil relativiert. Es brauche „nicht zwingend ein eigenes Digitalministerium, sondern klare Absprachen und Zeitpläne“. Es sei ein „Grundfehler der letzten Regierung“ gewesen, „dass das Arbeitsministerium oder das Justizministerium offiziell gar nicht richtig in die Digitale Agenda eingebunden waren. Dabei werden dort ganz entscheidende Weichen gestellt“. Deshalb sei klar, dass die Koordinierung des Themas in der nächsten Bundesregierung „deutlich besser werden“ müsse.

Wer aber nun diese verschiedenen Bereiche koordiniert, das bleibt weiter ungeklärt.

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