Politik: Kein Kreuz auf der Kirche

Istanbul - Es sollte ein großer Schritt zur Versöhnung sein, doch es wurde nur eine halbherzige Geste. Der türkische Kulturminister Atilla Koc eröffnete am Donnerstag bei einer Feierstunde auf einer Insel im osttürkischen Van-See eine renovierte armenische Kirche aus dem zehnten Jahrhundert. Vertreter Armeniens und der von türkischen Nationalisten bedrängten armenischen Gemeinde der Türkei waren gekommen. Doch nach dem Willen der türkischen Regierung soll die Kirche keine Kirche mehr sein, sondern ein Museum. Kein Kreuz soll die Kuppel des tausend Jahre alten Gebäudes schmücken, obwohl es sich um die „Heilig-Kreuz-Kirche“ handelt. Es soll auch keine Gottesdienste dort geben dürfen. Schon dass die Kirche überhaupt hergerichtet wurde, geht türkischen Nationalisten zu weit: Bei Protesten gegen die Feier wurden mehrere Menschen festgenommen.

Die Kirche, die in den vergangenen zwei Jahren für rund 1,4 Millionen Euro restauriert wurde, ist für ihre malerische Lage im Van-See und ihren reichen Figurenschmuck bekannt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich für die Restaurierung stark gemacht, weil er mit Blick auf die Debatte über einen türkischen Völkermord an den Armeniern im Jahr 1915 ein Zeichen setzen wollte. Kurz vor der Eröffnungsfeier sagte Erdogan aber seine Teilnahme ab. Auf der armenischen Seite stornierte Patriarch Karekin, das geistliche Oberhaupt der Armenischen Apostolischen Kirche, seine Reise nach Van, weil die Kirche lediglich als Museum dienen soll. Auch bei der Feierstunde selbst waren Spannungen spürbar. Der Patriarch der rund 80 000 türkischen Armenier, Mesrob II, sprach bewusst von einer „Kirche“, Kulturminister Koc von einem „Museum“. Mesrob bat außerdem, zumindest eine Messe im Jahr zuzulassen. Koc ging darauf mit keiner Silbe ein.