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Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND).

© dpa/Kay Nietfeld

Keine Auskunft zu Medien-Kontakten: Welche „Partner“ hat der Bundesnachrichtendienst?

Die Auslandsaufklärer fallen in frühere Zeiten zurück. Zu ihren vertraulichen Journalistentreffen soll es keine Transparenz mehr geben - und auch nicht darüber, an wen möglicherweise Geld fließt

Trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, das den Bundesnachrichtendienst (BND) zu Transparenz verpflichtet, macht der Geheimdienst keine Angaben mehr dazu, welche Journalistinnen und Journalisten an seinen sogenannten Hintergrundgesprächen teilnehmen.

Entsprechende Anfragen des Tagesspiegels zum Umgang mit dem Verratsfall Carsten L. und dessen mutmaßlicher Spionage für Russland lässt der BND weitgehend unbeantwortet. Grund für die Auskunftsverweigerung sei das Recherchegeheimnis der Journalisten, hieß es.

Der BND vermittelt Informationen zu seiner Arbeit und seinen Erkenntnissen zu einem wesentlichen Teil über Hintergrundgespräche, für die Vertraulichkeit verabredet wird. Daher darf darüber und über die Inhalte nicht öffentlich berichtet werden. Auf eine Klage des Tagesspiegels hatte das Bundesverwaltungsgericht jedoch schon im Jahr 2019 entschieden, dass bestimmte Auskünfte über diese umstrittene Form behördlicher Öffentlichkeitsarbeit erteilt werden müssen.

Die einzelnen Kooperationspartner arbeiten mit dem BND nur unter der Voraussetzung zusammen, dass die konkrete Kooperation mit ihnen – auch nicht mittelbar – preisgegeben, sondern absolut vertraulich behandelt wird.

Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion zu Aufträgen an Journalisten

Dazu zählen etwa Themen und Teilnehmer der Zusammenkünfte. Informationen zu Inhalten sind laut einem Urteil des Gerichts von 2021 nur dann geschützt, wenn sie in individuellen Einzelgesprächen abgefragt wurden. Da diese auf Anfrage der Journalisten zustande kommen, sind sie vom Recherchegeheimnis umfasst. Etwas anderes gilt aber, wenn der BND zum Informationsgespräch bittet - wie im Fall Carsten L. Das Hintergrundgespräch dazu fand im Dezember 2022 in der BND-Zentrale in Berlin-Mitte statt.

Ob und wie der BND Einfluss auf Berichte nimmt, bleibt ungeklärt

Die neue Linie des BND verhindert auch Aufklärung darüber, ob über eine kurz nach dem Hintergrundgespräch herausgegebene Pressemitteilung mit einem Statement von BND-Chef Bruno Kahl hinaus weitere behördliche Informationen zum Verdachtsfall Carsten L. in die Öffentlichkeit gebracht wurden. Der BND agiert hier möglicherweise wie ein geheimer Informant, und es bleibt unklar, ob und inwieweit der Dienst auf die Berichterstattung über den Spionagefall in seinen Reihen noch Einfluss nimmt. Offiziell heißt es, der BND nehme keine Stellung.

Auf dieser Linie liegt auch die Sonderrolle, die der Geheimdienst jetzt bei der Aufklärung über bezahlte Aufträge an Journalistinnen und Journalisten beansprucht. So hat die Bundesregierung auf Anfrage der AfD-Fraktion jetzt erstmals dargelegt, in welchem Umfang Bundesbehörden Journalisten im Nebenerwerb beschäftigen. Demnach wurden seit 2018 Honorare im Wert von 1,5 Millionen Euro für Moderationen, Texte, Lektorate, Fortbildungen, Vorträge und andere Veranstaltungen gezahlt.

Der BND fehlt auf der Liste, Angaben für ihn wurden verweigert. Aus Gründen des Staatswohls, wie es hieß. Die Behörde betrachtet mögliche Journalisten-Kontakte insoweit als „Kooperationen“, die besonders schützenswert seien: „Die einzelnen Kooperationspartner arbeiten mit dem BND nur unter der Voraussetzung zusammen, dass die konkrete Kooperation mit ihnen – auch nicht mittelbar – preisgegeben, sondern absolut vertraulich behandelt wird“, heißt es in der Regierungsantwort. Ob es solche journalistischen „Kooperationspartner“ tatsächlich gibt, lässt der BND allerdings ausdrücklich offen.

Nicht ausgeschlossen ist damit, dass der BND Aufträge an Journalisten als „Kooperationspartner“ vergibt, die er zugleich in seine vertraulichen Hintergrundrunden einlädt und zu Einzelgesprächen empfängt. Dies würde Fragen nach deren Unabhängigkeit aufwerfen.

Sensibel wäre der Aspekt wohl vor allem bei Vertretern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wie sie auch zu dem Hintergrundgespräch über den Verratsfall im Dezember eingeladen waren. Ihr Anteil habe laut BND 20 Prozent betragen.

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