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"Je länger wir zögern, desto teurer wird es – bei den Emissionsreduktionen, und auch bei den Klimaschäden", warnt der Potsdamer Experte Edenhofer.

© dpa

Klimaforscher Edenhofer über das Klimapaket: „Damit schlittern wir in viele ungenutzte Jahre“

Ein CO2-Preis sollte das zentrale Element des Klimaschutzes sein, sagt der Potsdamer Experte Edenhofer. Doch ausgerechnet bei dem Thema versagt das Klimapaket.

Warum trägt die SPD, die den Klimaschutz immerhin zur Koalitionsfrage erklärt hat, ein Paket mit, das in den Augen vieler Klimaexperten unzureichend ist? Diese Frage beschäftigt derzeit viele. Die Antwort dürften in der neuen Klima-Architektur zu finden sein, die in dem Programm der Bundesregierung angelegt ist, und für die vor allem das SPD-Bundesumweltministerium hart verhandelt hat. Die Klimaziele für Energie, Verkehr, Wärme und weitere Bereiche sollen gesetzlich festgeschrieben werden und zwar auch in Form jährlicher CO2-Budgets. Das ist eine Neuheit.

Neue Befugnisse soll auch das Klimakabinett haben, das jetzt dauerhaft eingerichtet wird: Es soll überprüfen, inwiefern die Ministerien ihre Ziele erfüllen und notfalls handeln. Allerdings bleibt ziemlich unklar, was das Klimakabinett darf und was nicht. In dem Papier ist die Rede davon, dass das Klimakabinett „Anpassungen vornehmen darf“, wenn die Klimaziele verfehlt werden könnten. Doch was heißt das konkret?

„Dass man nun sogar herumrätseln muss, welche Befugnisse das Klimakabinett hat, bestätigt eigentlich nur den schlechten Eindruck“, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Er hatte das Klimapapier zuletzt ein „Dokument der Mutlosigkeit“ genannt. Edenhofer fände es richtig, wenn das Klimakabinett notfalls auch an der Höhe des CO2-Preises schrauben darf.

Der von den Koalitionsspitzen festgelegte CO2-Einstiegspreis in Höhe von zehn Euro pro Tonne ist für den Klimaforscher das größte Problem. Er reiche bei Weitem nicht aus, um etwas zu den Klimazielen 2030 beitragen zu können. Fatal, sagt Klimaökonom Edenhofer.

Denn eigentlich sei es absolut richtig – und so ist es in dem Papier ja auch angelegt – den CO2-Preis zu einem zentralen Element im Klimaschutz zu machen. „Ordnungsrecht, wie etwa CO2-Standards bei Pkw, hat uns in den vergangenen Jahren doch kaum etwas gebracht beim Klimaschutz“, sagt der Forscher.

Zu geringer Innovationsdruck: Lasche CO2-Bepreisung schadet deutscher Industrie

Nur sei der nun vereinbarte CO2-Einstiegspreis aber seinen Namen nicht wert. „Und noch fataler ist der festgelegte Preiskorridor, weil er viel zu niedrig ist: Damit schlittert Deutschland direkt hinein in viele ungenutzte Jahre für die Klimaziele 2030. Je länger wir aber zögern, desto teurer wird es – bei den Emissionsreduktionen, und auch bei den Klimaschäden.“

Ottmar Edenhofer ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Ottmar Edenhofer ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

© REUTERS

Klima-Experte Edenhofer ist der Meinung, dass die schwarz-rote Koalition mit ihrer laschen CO2-Bepreisung auch der deutschen Industrie schadet. „Mit einem starken CO2-Preis hätten Unternehmen jetzt den Anreiz gehabt, klimafreundliche Alternativen im Wärme- und Verkehrsbereich zu entwickeln.“

Nun sendet die Koalition eher die Botschaft, dass das wiederum Jahre verschoben werden könne, sagt Edenhofer. „Die Innovationen in diesen Bereichen werden Unternehmen aus anderen Ländern angehen.“ Er hofft, dass die Bundesregierung die Kritik an dem Klimapapier aufnimmt und noch mal nachfasst.

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