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US-Präsident erkennt seine Niederlage nicht an.

© Carlos Barria/REUTERS

Kaperung einer einst stolzen Partei: Knockout für Trump? Knockout der Republikaner!

Der Aufstand der Republikaner gegen Wahlverlierer Trump fällt aus. Dahinter steckt das eiskalte Kalkül Einzelner - zum Schaden des ganzen Landes. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Noch ist Donald Trump nicht Geschichte. Und umso länger der Wahlverlierer seine zahlreichen Anhänger in seiner alternativen Realität halten kann, umso größer der Schaden – für die Republikanische Partei, aber auch für die Vereinigten Staaten.

Die ausgestreckte Hand des Wahlsiegers Joe Biden und damit die Aussicht auf einen versöhnenden Neuanfang wird ausgeschlagen. Die Republikanische Partei versammelt sich lieber und wider besseres Wissen hinter der abenteuerlichen Behauptung des Noch-Präsidenten, dass in Wahrheit er die Wahl gewonnen habe.

Daher steckt nichts anderes als eiskaltes Kalkül: Die Emotionen, die der angebliche Wahlbetrug bei den Trump-Fans weckt, sollen sich für die Republikaner auszahlen: in finanzieller Unterstützung und Stimmen bei den nächsten anstehenden Wahlen. Die erste gibt es gleich am 5. Januar, wenn bei zwei Nachwahlen im Bundesstaat Georgia entschieden wird, wer im US-Senat künftig das Sagen hat.

Bis ein Präsidentschaftskandidat für 2024 gefunden ist, bleibt Trump de facto der Anführer seiner Partei. Der Aufstand gegen diesen Präsidenten, der an den Grundfesten der Demokratie rüttelt, indem er ganz gezielt das Vertrauen in freie und faire Wahlen, in die Medien und die Institutionen des Landes erschüttert, ist bisher ausgeblieben.

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Trump hat die Republikaner zu seiner Partei gemacht

Trump hat die einst stolze Republikanische Partei gekapert, er hat sie zu seiner Partei gemacht. Dass diese sich nachhaltig dagegen gewehrt hat, ist nicht überliefert. Viele seiner parteiinternen Kritiker sagen zwar, die derzeitige „Grand Old Party“ habe nicht mehr viel mit der gemein, der sie sich früher zugehörig fühlten.

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Aber zu hören sind vor allem ehemalige Parteigrößen und solche, die auf absehbare Zeit aus der Politik ausscheiden. Wer 2022 bei den Zwischenwahlen oder 2024 wiedergewählt werden will, arrangiert sich mit den weiter bestehenden Machtverhältnissen, in deren Zentrum immer noch Trump steht.

Viele seiner Kritiker hatten auf eine verheerende Niederlage gehofft, auf ein eindeutiges Urteil der Wähler, dass sie Trumps spalterischen Kurs ablehnen. Darauf, dass dafür auch seine Partei in Haftung genommen und deren Macht im Kongress beschnitten wird.

Von einem Knockout kann keine Rede sein

Mit mehr als 71 Millionen Stimmen für Trump, künftig sogar mindestens sieben zusätzlichen Abgeordneten im Repräsentantenhaus und einer möglicherweise weiter republikanischen Mehrheit im Senat, kann von einem Knockout nicht die Rede sein. Der Wahlausgang 2020 mit seiner Rekordbeteiligung hat keine eindeutige Botschaft. Das ist gefährlich.

[Der News-Blog nach der Wahl: Bis 8. Dezember müssen die Wahlergebnisse stehen - Trump könnte Machtübergabe gefährlich lange blockieren]

Dabei ist es nicht so, als ob nicht auch viele Republikaner insgeheim genug von Trump und seinem Clan hätten. Aber er schafft es selbst in der Niederlage noch, Erwartungen zu übertreffen und Kandidaten seiner Partei über die Ziellinie zu helfen. Kaum ein Wahlforscher hatte die Erfolge der Republikaner im Repräsentantenhaus erwartet, die durch eine weiter wachsende Zustimmung in den ländlichen Gebieten möglich wurden. Für die Demokratische Partei, die deutlich weniger geeint dasteht, als es im Anti-Trump-Wahlkampf den Anschein hatte, sind das unangenehme Nachrichten.

Das Vertrauen in die Demokratie erodiert

Derweil erodiert das Vertrauen vieler Amerikaner in ihre eigene Demokratie. In Umfragen erklären inzwischen bis zu vier Fünftel der Anhänger Trumps, dass die Wahl gestohlen worden sei, obwohl es dafür keine Beweise gibt. Wie verantwortungsbewusste Konservative dabei einfach nur zuschauen können, macht fassungslos.

Ihr Kalkül ist klar: Sie hoffen auf kurzfristige Erfolge und ein mittelfristig schlechtes Gedächtnis ihrer Wähler, wenn diese sich irgendwann von Trump abwenden. Aber sie unterschätzen die langfristigen Folgen für die amerikanische Demokratie. Oder, schlimmer: Sie nehmen sie billigend in Kauf.

Trump wird irgendwann verschwinden. Die Zerstörung, die er und seine Helfershelfer angerichtet haben, wird nachwirken. Es sei denn, die Republikanische Partei lehnt dieses Erbe ab. Danach sieht es nicht aus.

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