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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

© Geisler-Fotopress

Update

Sonderurlaub vom Papst: Kölner Kardinal Woelki bleibt im Amt

Der Kölner Erzbischof Woelki nimmt sich auf sanften Druck von Papst Franziskus eine Auszeit. Weitere Bischöfe behalten ihre Posten.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki nimmt sich – wohl auf Druck des Papstes – eine Auszeit. Von Mitte Oktober bis zur österlichen Fastenzeit 2022 wird der konservative Theologe seine Amtsgeschäfte in der wichtigsten deutschen Diözese ruhen lassen. Das geht aus einem von der Apostolischen Nuntiatur in Berlin, der Botschaft des Vatikans in Deutschland, veröffentlichten Schreiben von Papst Franziskus hervor, in der er Woelki die Auszeit genehmigt.

Zwar attestiert der Papst Woelki „große Entschlossenheit“ bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in seiner Diözese – aber „dennoch“ habe Woelki „in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung insgesamt, vor allem auf der Ebene der Kommunikation auch große Fehler gemacht“, heißt es in dem Schreiben: „Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass es im Erzbistum zu einer Vertrauenskrise gekommen ist, die viele Gläubige verstört.“ Es sei „offenkundig“, dass das Erzbistum und der Erzbischof einer Zeit des Innehaltens, der Erneuerung und Versöhnung bedürften.

Woelki selbst erklärte am Freitag, „natürlich“ Fehler bei Aufarbeitung und Kommunikation gemacht zu haben; dafür übernehme er selbstverständlich die Verantwortung: „Es tut mir insbesondere leid mit Blick auf die Betroffenen, von denen mir einige auch gemeldet haben, dass sie gerade dadurch erneut traumatisiert wurden“, sagte er. Das tue ihm „aufrichtig von Herzen leid und weh“.

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In seinem Schreiben erklärte der Papst auch, dass die Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp, denen im Kölner Missbrauchsgutachten einzelne Fehler bei der Aufarbeitung attestiert wurden, ihre Posten behalten könnten. Schwaderlapp wird allerdings zunächst für die Dauer eines Jahres in die Kölner Partnerdiözese Mombasa in Kenia gehen, um dort als einfacher Seelsorger zu wirken.

Die Auszeit Woelkis ist ein Tiefpunkt

Der Vorsitzende der römisch-katholischen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, erklärte, er hoffe, dass nun der Prozess einer Aussöhnung im Erzbistum Köln anlaufen werde. „Ob dies innerhalb weniger Monate zu einer grundlegend veränderten Situation führen kann, vermag ich nicht zu beurteilen“, schränkte Bätzing ein. Rom sei „sichtlich darum bemüht“, Bewegung in die Krisensituation in Köln zu bringen. „Vieles hängt jetzt davon ab, wie Kardinal Woelki die Auszeit gestalten wird“, sagte Bätzing.

Deutlicher als Bätzing wurden Vertreter der katholischen Laien. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sagte: „In der Politik und in demokratischen Strukturen kann ein Amtsverzicht dazu beitragen, Verantwortung zu übernehmen und Veränderungen einzuleiten.“ Der Papst verhindere einen Erneuerungsprozess . Der Sprecher der Reformgruppe „Wir sind Kirche“, Christian Weisner, sprach von einer „fatalen Entscheidung zum falschen Zeitpunkt“. „Im Grunde ist Woelki ein Erzbischof ohne Bistum“, sagte er dem Tagesspiegel – ohne Vertrauen der Basis: „Mir fehlt die Phantasie, wie das wieder aufgebaut werden kann.“

Die Auszeit Woelkis ist der Tiefpunkt einer kirchlichen Karriere, die völlig anders begann: Als er von 2011 bis 2014 Erzbischof von Berlin war, galt der Theologe als „Everybody’s Darling“: Woelki kümmerte sich um ein heruntergekommenes Roma-Haus, engagierte sich für Flüchtlinge, sprach mit dem Lesben- und Schwulenverband. Seine Promotion an einer Hochschule des „Opus Dei“ wurde hingenommen, zu seiner Kardinalerhebung fuhr Klaus Wowereit mit nach Rom.

Seit Woelki 2014 zurück nach Köln ging, wo er zuvor Weihbischof unter Kardinal Meisner war, gilt er als wichtigster konservativer Kritiker in den Reihen der Deutschen Bischofskonferenz. Reformen wie der Zulassung Wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie oder der Möglichkeit für evangelische Ehepartner eines Katholiken steht er kritisch gegenüber. Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche entschied sich Woelki 2020, einen bereits fertigen Untersuchungsbericht nicht zu veröffentlichen und ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Kritiker warfen ihm Verschleierungstaktik vor. Zuletzt entzog der Diözesanrat der Katholiken Woelki das Vertrauen und 14 von 15 Stadt- und Kreisdechanten legten dem Kardinal den Rücktritt nahe.

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