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US-Präsident Donald Trump im Oval Office

© AFP/Saul Loeb

US-Präsident Trump vor Kongresswahlen: Ist das Weiße Haus bereit zum Abwehrkampf?

Bei der Kongresswahl könnten die Republikaner die Mehrheit in mindestens einer Kammer verlieren. Ein Machtgewinn der Demokraten wäre eine Bedrohung für Trump.

Es sind weniger als drei Wochen bis zu den Zwischenwahlen in den USA. Am 6. November entscheiden die Amerikaner über die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses in Washington und wählen zusätzlich ein Drittel der Senatoren neu. Derzeit sieht es danach aus, dass die oppositionellen Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus holen könnten, im Senat wohl eher nicht. Aber, schon wenn sie in einer der beiden Kongresskammern künftig die Mehrheit stellen, können sie US-Präsident Donald Trump unangenehm werden.

Mit einer Mehrheit im "House" würden die Demokraten die Kontrolle über alle Ausschüsse übernehmen, auch jene, die Trumps Russland-Affäre untersuchen. Sie könnten die schleppenden Untersuchungen vorantreiben, Zeugen vorladen und Dokumente anfordern. Auch mögliche Interessenkonflikte Trumps oder Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den Präsidenten könnten sie für neue Untersuchungen nutzen. Nicht zuletzt könnten sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einleiten.

Impeachment

Nach der Verfassung kann ein US-Präsident nur vom Kongress des Amtes enthoben werden. Dazu gibt es das Impeachment-Verfahren. Als Gründe dafür nennt die Verfassung "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen". Das Repräsentantenhaus leitet das Verfahren ein, erste Schritte erfolgen im Justizausschuss. Am Ende verabschiedet die gesamte Kammer mit einfacher Mehrheit eine Liste von Anklagepunkten und leitet sie an den Senat weiter, dem die Funktion eines Gerichts zukommt.

Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs leitet das Verfahren, einer Verurteilung müssen am Ende zwei Drittel der anwesenden Senatoren zustimmen. Bisher ist noch kein US-Präsident des Amtes enthoben worden. Derzeit haben die Republikaner eine knappe Mehrheit im Senat, und sie stehen treu an der Seite von Trump, wie gerade die Bestätigung des Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh gezeigt hat. Eine Zweidrittelmehrheit gegen Trump ist damit unwahrscheinlich. Doch: Alleine die Untersuchungen könnten das Regierungshandeln weitgehend lahmlegen – wenn etwa ein Mitarbeiter nach dem anderen vorgeladen wird. Während sich die Betroffenen auf ihre Aussage vorbereiten, kommen sie zu wenig anderem.

"Das Weiße Haus arbeitet dann nicht mehr optimal, der Gesetzgebungsprozess wird vernachlässigt. Die Moral leidet, und alle Energie fließt in die aktuelle Krise", zitierte die Nachrichtenseite "Axios" den Rechtsberater des früheren Präsidenten Barack Obama, Neil Eggleston. Außerdem drohen Demokraten mit einem Impeachment von Richter Kavanaugh, auch das könnte zusätzliche Kräfte binden.

Vorbereitungen des Weißen Hauses

Das Weiße Haus wappnet sich. "Axios" zufolge soll es Ende Oktober ein Treffen leitender Mitarbeiter dazu geben. "Wichtig ist in so einer Situation, dass sich die Experten in den verschiedenen Behörden vernetzen", sagte ein ehemaliger Mitarbeiter des Weißen Hauses unter Obama dem Tagesspiegel. Sinnvollerweise werde der Rechtsberater ein Team erfahrener Leute um sich versammeln, die alles koordinieren. "Eventuell werden dafür neue Anwälte eingestellt, die bereits Erfahrung aus der Arbeit in früheren Regierungen haben und mit Untersuchungen durch den Kongress", sagte der Ex-Mitarbeiter, der selbst juristisch für das Weiße Haus tätig war. Zudem würden die Regierungsangestellten noch einmal ganz besonders über die Vorschritten des "Hatch Act" geschult, um nicht neues Futter für zusätzliche Ermittlungen zu geben.

Der "Hatch Act" untersagt, dass Regierungsangestellte politisch aktiv werden. Trump-Beraterin Kellyanne Conway hatte bereits Ärger deswegen. Bei zwei TV-Auftritten in ihrer offiziellen Beraterfunktion soll sie für die Wahl des Republikaners Roy Moore geworben haben. Auch die scheidende UN-Botschafterin Nikki Haley wurde 2017 verwarnt, als sie einen entsprechenden Trump-Tweet weiterleitete. Trump selbst, sein Vize und bestimmte Regierungsmitglieder sind ausgenommen.

Trumps juristisches Team

Trump hatte pikanterweise erst vor wenigen Wochen den baldigen Abgang seines Rechtsberaters angekündigt. Zuvor war bekannt geworden, dass Don McGahn monatelang intensiv mit dem Team von Sonderermittler Robert Mueller zusammengearbeitet hatte. McGahn hatte als letzte große Amtshandlung noch die Bestätigung von Richter Kavanaugh organisiert. Am Mittwoch war es nun soweit: McGahn beendete seine Arbeit für den amerikanischen Präsidenten. Sein Nachfolger muss sich schon bald auf viel Arbeit gefasst machen – und auf harte Attacken der Opposition. Trump hat sich für den Washingtoner Anwalt Pat Cipollone entschieden. Cipollone arbeitete früher schon mal für das Justizministerium und – besonders hilfreich – bereits für Trumps Anwälte in Sachen Russland-Ermittlungen. Trumps persönliche Anwälte, darunter Rudy Giuliani, sollen die Personalie gutgeheißen haben. Cipollones vordringliche Aufgabe könnte es jetzt sein, so Obamas Ex-Mitarbeiter, "mit einem frischen Blick" die Strukturen neu zu ordnen und darauf auszurichten, dass der Kongress nun besonders genau hinschaue.

Risiko Trump

Dass Trump sich immer wieder über die Mueller-Ermittlungen aufregt, stellt eine Gefahr dar. Er macht das in Interviews, auf Twitter und in Gesprächen mit Mitarbeitern. Von deren Seite heißt es, er könne einfach nicht anders, als mit jedem darüber zu sprechen, der ihm über den Weg laufe. Manche sollen ihm daher bereits bewusst aus dem Weg gehen, wenn es mal wieder schlechte Neuigkeiten über die Russland-Affäre gibt – alle Gespräche könnten weitere juristische Probleme nach sich ziehen.

Viele Beobachter halten es auch für zunehmend wahrscheinlich, dass Trump Justizminister Jeff Sessions nach den Kongresswahlen feuert – den Chef des Hauses, das die Mueller-Untersuchungen überwacht. Ob er es wagt, auch Mueller selbst zu entlassen, wird sich zeigen. Als er das Anfang des Jahres vorhatte, soll ihn McGahn davon abgebracht haben - auch, weil er mit Rücktritt drohte.

Die Russland-Affäre

Mueller untersucht die Einflussnahme Moskaus auf die Wahl 2016 sowie die mögliche Kooperation von Trumps Team mit russischen Stellen. Laut US-Geheimdiensten und FBI fuhren die Russen eine Kampagne, um das Vertrauen der Amerikaner in den demokratischen Wahlprozess zu untergraben und Hillary Clinton zu verhindern. Russlands Präsident Wladimir Putin bestreitet eine Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf.

Präsident Trump attackiert die Ermittler ein ums andere Mal und spricht von einer "Hexenjagd". Für den Verdacht, dass seine Leute mit den Russen paktierten, um die Wahl zu gewinnen, gibt es bislang keine Beweise. Auch nicht für die These, dass der Kreml etwas gegen Trump in der Hand habe. Da der US-Präsident sich aber immer noch weigert, seine Steuererklärung zu veröffentlichen, steht der Verdacht weiter im Raum, dass er sich in seiner Zeit als Immobilienunternehmer erpressbar gemacht habe, etwa indem er russisches Geld wusch.

Stand der Ermittlungen

Mueller hat bereits 30 Einzelpersonen und drei Firmen angeklagt. Er untersucht vor allem Russlands Kampagne in den sozialen Medien, mögliche Kontakte in Trumps Umfeld, ob dieser die Justiz behinderte, etwa als er FBI-Chef James Comey feuerte, und seine Geschäfte, die eine Verbindung zu Russland haben könnten. Trump hat nicht ausgeschlossen, sich von Mueller verhören zu lassen. Seinen Anwälten wäre das nicht so lieb, auch wegen seiner Unberechenbarkeit. Sie bereiten stattdessen laut CNN bereits Antworten auf schriftliche Fragen des Sonderermittlers vor.

Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort sitzt seit Juni in Untersuchungshaft, ihm drohen mehrere Jahre im Gefängnis, unter anderem wegen Steuer- und Bankenbetrug, Geldwäsche, Falschaussagen, Manipulation und krimineller Verschwörung. Er hat sich schuldig bekannt und kooperiert mit der Justiz. Unter anderem nahm Manafort an einem Treffen im Trump Tower im Juni 2016 teil, bei dem über belastendes Material gegen Hillary Clinton gesprochen worden sein soll. Anwesend waren da auch Trumps Sohn Donald junior, Schwiegersohn Jared Kushner sowie einflussreiche Russen. Trump behauptet, nichts von dem Treffen gewusst zu haben.

Manaforts langjähriger Geschäftspartner Rick Gates, den er als Vize-Wahlkampfchef mit in das Team von Trump nahm, hat gestanden, bei Manaforts Steuerbetrug geholfen zu haben – und dabei, die Existenz ausländischer Konten geheim zu halten. Er gibt zu, an einer Verschwörung zum Betrug an den USA beteiligt gewesen zu sein und das FBI belogen zu haben. Auch Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn sowie George Papadopoulos, im Wahlkampf sein außenpolitischer Berater, kooperieren. Im Fall Flynn, der wegen zu enger Kontakte nach Russland zurückgetreten war, soll ein Urteil Ende November fallen. Papadopoulos wiederum soll mit ausländischen Diplomaten über belastendes Material gegen Clinton gesprochen haben. Ob Trump davon wusste, ist Gegenstand der Untersuchungen.

Ein weiterer Ermittlungsschwerpunkt ist Michael Cohen, einst Trumps persönlicher Anwalt. Auch er hat sich schuldig bekannt, unter anderem gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben. So habe er etwa Schweigegelder an ehemalige Affären von Trump gezahlt. Vor Gericht sagte er aus, dabei im Auftrag von Trump gehandelt zu haben, der einen Imageschaden im Wahlkampf verhindern wollte. Der Präsident behauptet, erst später von den Zahlungen erfahren zu haben. Sollte Cohen seine These beweisen können, könnte das theoretisch ein Amtsenthebungsverfahren nach sich ziehen.

Weiter droht Trump Gefahr von Allen Weisselberg, dem Finanzchef der Trump Organization, der alles über die Finanzen von Trump wissen soll. Ihm wurde dem "Wall Street Journal" zufolge Immunität zugesichert, falls er aussagt. Auch hier geht es um die Schweigegelder.

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