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Zufriedener Horst Seehofer. Sein Wunschkandidat Thomas Kreuzer wird neuer CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag.

© dpa

CSU: König Horst setzt sein Personal durch

In Bayern führt der Allrounder Thomas Kreuzer die neue CSU-Fraktion. Die Gegenspieler Ilse Aigner und Markus Söder sollen starke Ministerien bekommen und damit auf Augenhöhe gehalten werden. Und auch Richtung Grüne sendet Seehofer Signale.

Ein sichtlich gut gelaunter Horst Seehofer kommt am Nachmittag aus der ersten Sitzung der bayerischen CSU-Landtagsfraktion und scherzt auf die ihm eigene Weise: „Jeder ist noch am Leben, alle sind bei guter Gesundheit.“ Die ersten Personalentscheidungen hat der CSU-Chef gut über die Bühne gebracht: An der Spitze der Fraktion steht künftig der 54-jährige Thomas Kreuzer aus Kempten im Allgäu, der nicht nur von Seehofer als „Allzweckwaffe“ in der CSU bezeichnet wird. Landtagspräsidenten soll Barbara Stamm bleiben. Die 68-jährige Fränkin hatte sich eigentlich aus der Politik verabschieden worden, war aber von Seehofer zu einer erneuten Kandidatur überredet worden. 

Für beide gab es extrem gute Ergebnisse und keine Gegenkandidaten: Kreuzer erhielt 98 Prozent der Fraktionsstimmen, Stamm 96. Seehofer, der in der kommenden Woche mit absoluter CSU-Mehrheit erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden soll, meinte: „Das ist ein sehr guter Start in die neue Legislaturperiode.“ Auch in Berlin helfe der Partei dieser „Rückenwind der Geschlossenheit“.

Horst Seehofer sichert Grünen ernsthafte Sondierungsgespräche zu

Damit ist der erste Schritt von Seehofers Ziel für Bayern gemeistert: In München soll Ruhe bei der CSU herrschen mit Blick auf die wohl schweren und langwierigen Koalitionsverhandlungen in Berlin. Er will keinen streitenden und sich mit Intrigen überziehenden Haufen im Freistaat hinterlassen, wenn er seine Kraft und seine Leute in der Hauptstadt braucht, um möglichst viele CSU-Forderungen in einer Koalition durchzubringen. Und er hat auch schonmal weitere Signale Richtung Berlin gesendet, wobei er vor allem die Grünen im Blick hatte. Denen sagte er "ernsthafte" Sondierungsgespräche zu. „Es geht darum, eine stabile Regierung zu bilden, da muss man ernsthafte Gespräche führen“, sagte Seehofer am Mittwoch. Priorität für die CSU habe aber nach wie vor eine Koalition mit der SPD. Seehofer begrüßte, dass sein baden-württembergischer Ministerpräsidentenkollege Winfried Kretschmann bei dem Treffen mit den Grünen am 10. Oktober mit am Tisch sitzen werde. „Über Kretschmann-Politik, da kann man reden.“ Wichtig sei, dass den personellen Veränderungen bei den Grünen nun die inhaltliche Bewegung von links in Richtung Mitte folge. Seehofer hatte vergangene Woche noch erklärt, er wolle sich nicht an einen Tisch mit dem bisherigen Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und dem Ex-Parlamentarischen Geschäftsführer Volker Beck setzen. Davon ist Seehofer inzwischen abgerückt: „Die sitzen zwar noch am Tisch, aber die sind politisch weg.“

In München wiederum steht Anfang kommender Woche die bayerische Kabinettsbildung an, auch da hat Seehofer schon die entscheidenden Weichen gestellt. Die Kontrahenten um seine Nachfolge, Ex-Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und der bayerische Finanzminister Markus Söder kommen ganz geeint gemeinsam aus der Sitzung, lächeln, sagen aber nichts. Wäre Aigner Fraktionschefin geworden, wie einst erwartet, hätte das Söder brüskiert. Der umgekehrte Fall war sowieso nicht denkbar. So hatte es am Vormittag ein Sechs-Augen-Gespräch der beiden mit dem Ministerpräsidenten gegeben. „Beide werden ins Kabinett eintreten“, so Seehofer, „beide erhalten Ressorts, die vom Zuschnitt spürbar aufgewertet sind.“ Sie begegnen sich dann auf Augenhöhe. Die Nachfolgefrage bleibt offen, wie es Seehofers Ziel war. Aigner könnte das Wirtschaftsministerium von der aus dem Landtag geflogenen FDP übernehmen plus die Zuständigkeit für die Energiewende. Söder würde Finanzminister bleiben. Er hat Gefallen an dem Job, weil die Kassen klingeln, er Geld verteilen kann und auch nette Repräsentationsaufgaben hat wie etwa die des Chefs der bayerischen Schlösser und der Schifffahrtsdampfer auf Chiemsee und Starnberger See.

Neuer Fraktionschef Kreuzer gilt als besonnen und umgänglich

Alles andere im neuen Kabinett ist im Grunde Feinarbeit. Joachim Herrmann dürfte Innenminister bleiben, die umstrittene jetzige Sozialministerin Christine Haderthauer erhält wieder einen Posten, vielleicht aber nicht ihren jetzigen. Ein großes Fragezeichen steht über der Justizministerin Beate Merk, die durch ihr kaltherziges und opportunistisches Verhalten im Fall des Psychiatrieinsassen Gustl Mollath bundesweit zur Zielscheibe geworden war. Merk könnte retten, dass sie aus Schwaben kommt – die Spitzenkräfte aus diesem Landstrich sind nicht eben breit gesät.

Der neue Fraktionschef Kreuzer gilt als besonnener, kompetenter und umgänglicher Politiker, der keine größeren Ambitionen hegt und gegenüber Seehofer absolut loyal ist. Einst war er Richter in Kempten, auch die Opposition schätzte seine fachkundige Aufarbeitung des Landesbanken-Skandals im Untersuchungsausschuss, dessen Vorsitzender er war. Mit den einst Großkopferten legte er sich an, wenn es sein musste. In Erinnerungen bleibt, wie er dem früheren Sparkassenpräsidenten Siegfried Naser, der die Aussage komplett verweigern wollte, allen Ernstes mit Beugehaft drohte. Naser ging in sich und sagte dann doch aus.

Ins Straucheln geraten war Landtagspräsidentin Barbara Stamm im Zuge der Beschäftigungsaffäre, als herausgekommen war, dass manche Parlamentarier die halbe Verwandtschaft auf Staatskosten angestellt hatten und teures Equipment wie etwa eine Leica-Kamera für 6000 Euro sich bezahlen ließen. Stamm stand in der Kritik wegen angeblich mangelnder Aufklärungsbereitschaft. Allerdings gilt das Thema mit der neuen Legislaturperiode als ausgestanden.

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