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Kritik an Plänen der SPD: Wirtschaftsweise Schnitzer pocht auf schnelle Abschaffung der Rente mit 63
Eine neue Regierung müsse dringend handeln, sagt die Ökonomin. Die Vorstellungen der Sozialdemokraten hält sie aber für falsch. Die Expertin fordert zudem eine Ausweitung der Erbschaftssteuer.
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Das deutsche Rentensystem muss dringend reformiert werden, darin sind sich Experten einig. Immer weniger Menschen zahlen Beiträge ein, gleichzeitig gibt es immer mehr Rentner. Gestritten wird darüber, was geändert werden soll. Es gibt verschiedene Vorschläge wie beispielsweise ein geringes Rentenniveau, höhere Beiträge oder auch ein späteres Eintrittsalter.
Die Chefin der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, Monika Schnitzer, hat sich in dieser Debatte wiederholt klar positioniert. Sie bekräftigt nun ihre Forderung, das Rentenalter zu erhöhen und die Rente mit 63 abzuschaffen.
Stark belastete Arbeitnehmer wie Dachdecker oder Krankenschwestern erreichen oft gar keine 45 Beitragsjahre.
Monika Schnitzer, Chefin der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung
„Deutschland sollte das Rentenalter regelgebunden erhöhen – zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit gehen in Arbeit und ein Drittel in Ruhestand. Die neue Regierung sollte die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren (Rente mit 63) abschaffen“, sagte Schnitzer der „Rheinischen Post“. Sie helfe den Falschen. „Stark belastete Arbeitnehmer wie Dachdecker oder Krankenschwestern erreichen oft gar keine 45 Beitragsjahre.“
Schnitzer warnte außerdem vor den Rentenplänen der SPD. „Die SPD betont immer, sie wolle die Renten stabil halten. Tatsächlich will sie aber den Rentenanstieg stabil halten. Das aber ist in einer alternden Gesellschaft nicht zu bezahlen. Der Rentenbeitrag wird dann von jetzt 18,6 Prozent auf über 21 Prozent im Jahr 2035 und auf über 26 Prozent im Jahr 2060 steigen.“ Die Münchener Ökonomin mahnt: „Schon jetzt liegen die Sozialbeiträge insgesamt bei 41 Prozent, sie müssen runter.“
Schnitzer warnt mit Blick auf die Rente vor einer Großen Koalition: Die CDU „ist in der Rentenpolitik genauso mutlos wie die SPD. Wenn es zu einer neuen Großen Koalition käme, wird bei der Rente nichts passieren. Dabei wäre eine Rentenreform so nötig.“
Sie schlug stattdessen eine Deckelung des Rentenanstiegs vor: „Eine Möglichkeit wäre, die Erhöhung der Rente an die Inflation zu binden. Dann bleiben die realen Renten stabil.“
Schnitzer forderte zudem die Ausweitung der Erbschaftsteuer. „Der Staat sollte das Vererben von Unternehmen substanziell in die Erbschaftsteuer einbeziehen. Es ist ökonomisch nicht einzusehen, dass diese Form der Weitergabe von Vermögen von der Besteuerung ausgeschlossen bleibt.“
Schnitzer weiter: „Auch Firmenerben sollten Erbschaftsteuer zahlen, das wäre nur fair. Bislang sind sie befreit, wenn sie Jobs erhalten. Das aber behindert ihre Handlungsfreiheit, effizienter zu werden.“
Die Wirtschaftsexpertin sieht auch keine Probleme bei der Bezahlung der Steuer. „Das Argument mit dem Mangel an liquiden Mittel zur Zahlung der Steuerschuld zieht nicht“, sagte Schnitzer. „Die Steuerschuld kann durch andere Vermögenswerte der Erben oder durch Finanzierung über den Kapitalmarkt beglichen werden. Es gibt ja auch die Möglichkeit, die Steuerschuld zu stunden.“
Schnitzer zufolge gibt die „empirische Evidenz aus anderen Ländern (...) keine Hinweise darauf, dass durch Erbschaftssteuern das Insolvenzrisiko eines Unternehmens steigt“.
Eine Milliardärssteuer hingegen lehnte Schnitzer ab. „Das ist im Grunde eine Vermögensteuer für Superreiche und im Wahlkampf bei manchen sicher populär“, fuhr sie fort. „Doch die ist mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden, die Hälfte der Einnahmen geht hier für die Verwaltung drauf. Besser wäre es, die Erbschaftsteuer zu erhöhen“, sagte Schnitzer weiter.
Eine Milliardärssteuer fordert etwa die Linkspartei. Auch Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck (Grüne) schlug vor rund zehn Tagen eine solche Steuer vor. (lem)
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