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Queen Elizabeth II bei einem ihrer letzten Besuche in Australien 2006.

© imago images/AAP/Dean Lewins

Australien ernennt erstmals Republik-Beauftragten: Langsamer Abschied vom britischen Königshaus?

Der britische Monarch ist auch Australiens Staatsoberhaupt - so ist es seit Jahrhunderten. Doch nun scheint die Verbindung Risse zu bekommen.

Politikern und Amtsträgern wird ja zuweilen vorgeworfen, sie seien entrückt und nicht mehr nah an den Bürgern. Für Australiens Staatsoberhaupt gilt das ganz besonders – geografisch gesehen.

Denn das sitzt rund 17.000 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Canberra in London. Seit 70 Jahren herrscht Queen Elizabeth II. nicht nur über Großbritannien, sondern auch über Australien.
Doch diese Verknüpfung könnte jetzt Risse bekommen. Zum ersten Mal überhaupt hat eine australische Regierung einen „Assistant Minister for the Republic“ ernannt.

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Matt Thistlethwaite soll sich nun als Staatssekretär mit all den Fragen beschäftigen, deren Antworten nötig sind, um aus Australien eine Republik zu machen. „Ich glaube, jetzt wo Abendlicht auf die Ära der Queen fällt, fragen sich viele Australier, wie es für ihr Land weitergeht“, erklärte Thistlethwaite dem Sender „Sky News“.

Und die für ihn entscheidende Frage schob er gleich hinterher: „Wollen wir einen König Charles oder sind wir erwachsen und unabhängig genug, um einen aus unserer Mitte zu unserem Staatsoberhaupt zu bestimmen?“ Er wolle mit seinem neuen Amt die Diskussion darüber antreiben. „Wir sollten in die Zukunft blicken und unsere einzigartige Identität und Kultur, unsere Unabhängigkeit als Nation anerkennen“, appellierte Thistlethwaite.

Regierungschef Anthony Albanese ist ein bekennender Republikaner

Die seit wenigen Wochen wieder regierende sozialdemokratische Labour-Party unterstützt die Idee einer australischen Republik schon lange. Daher ist es keine Überraschung, dass nun von ihr auch erste Schritte auf dem Weg dorthin begangen werden.

Und auch Regierungschef Anthony Albanese ist ein bekennender Republikaner. „Das Verhältnis zwischen Australien und Großbritannien“, so sagte er es während des jüngsten Thronjubiläums der Queen, „hat sich verändert. Es ist nicht mehr wie zwischen Eltern und jungen Emporkömmlingen. Wir sind auf Augenhöhe.“

Matt Thistlethwaite ist erster "Assistant Minister for the Republic".
Matt Thistlethwaite ist erster "Assistant Minister for the Republic".

© imago images/AAP/Brendon Thorne

Und bei einer Veranstaltung des Australian Republic Movement sagte Albanese 2019: „Die australische Republik ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Führende Vertreter der Organisation jubeln bereits über den neuen Staatssekretär. „Das ist der größte Durchbruch für die republikanische Bewegung seit 30 Jahren“, sagte Peter FitzSimons, Vorsitzender des Australian Republic Movement.

Aber ist das realistisch? Für den Wandel zu einer Republik müsste die australische Verfassung geändert werden. Das geht nur durch einen Volksentscheid. Die meisten Umfragen in den vergangenen Jahren zeigten eine knappe Mehrheit für die Republik als Staatsform und gegen die Monarchie.

Umfragen sehen eine Mehrheit für die Republik

Doch vielen Australiern ist das Jahr 1999 noch sehr gegenwärtig. Damals gab es bereits eine Volksabstimmung zu diesem Thema. Und obwohl Umfragen eine Mehrheit für die Republik sahen, stimmten schließlich knapp 55 Prozent dagegen.

Mit dem Verweis auf dieses Ergebnis gab es in den vergangenen Jahren kaum mehr ernsthafte Diskussionen um die Staatsform. „Die Monarchie tut halt auch keinem weh“, beschreibt Dennis Altman, Professor an der La Trobe University in Melbourne, der „New York Times“ die Stimmung im Land. Zumal die Königin als Person auch im entlegenen Teil ihres Reiches beliebt ist. Wenn auch nicht besonders präsent. Zuletzt betrat sie 2011 australischen Boden. Vertreten wird sie vom derzeitigen Generalgouverneur David Hurley.

Aus den Fehlern des 1999er Referendums gelernt?

Er bekleidet sicherlich das Amt, das dem eines australischen Staatspräsidenten am nächsten kommt. Seine Aufgaben sind vor allem symbolische: Er vereidigt Minister und Abgeordnete, bestätigt Gesetze oder kündigt Wahlen an. Theoretisch ist er aber auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann die Regierung absetzen. Ernannt wird der Generalgouverneur selbstverständlich vom britischen Regenten.

Doch das neue Amt des „Assistant Minister for the Republic“ zeigt vielleicht auch, dass Ministerpräsident Anthony Albanese aus den Fehlern des 1999er Referendums gelernt hat. Es scheiterte unter anderem deshalb, weil das Parlament künftig entscheiden wollte, wer Staatsoberhaupt wird. Viele Bürger wünschten aber, dass das Volk wählt, und stimmten bei dem Referendum deshalb mit Nein.

Nun soll Matt Thistlethwaite also herausfinden, unter welchen Bedingungen ein Referendum erfolgreich sein könnte und wie das Amt eines Staatsoberhauptes ausgestaltet sein müsste, damit die Australier dafür auf die Monarchie verzichten.

Lion Grote

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