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Politik: Lauschangriff auf die griechische Regierung

Die Handys prominenter Politiker wurden im Olympiajahr von Unbekannten monatelang abgehört

Der Abhörskandal in Griechenland hat offenbar größere Dimensionen als bisher angenommen. Die Liste der prominenten Politiker, deren Mobiltelefone mindestens vom Frühsommer 2004 – zwei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele – bis zur Entdeckung der Abhörsoftware Anfang März 2005 angezapft wurden, wird immer länger. Neben den Handys des Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis und seiner Frau Natascha, vier weiterer Kabinettsmitglieder und führender Militärs hörten die unbekannten Lauscher auch das Autotelefon des Chefs des griechischen Geheimdienstes EYP und die Mobiltelefone fast der gesamten Polizeiführung ab. Das räumte der Minister für öffentliche Ordnung, Jorgos Voulgarakis, jetzt vor einem Parlamentsausschuss ein.

Die griechische Regierung hielt den Fall fast ein Jahr geheim – um die Ermittlungen nicht zu gefährden, wie es offiziell heißt. Erst als eine Athener Zeitung vergangene Woche den Skandal aufdeckte, bestätigte Regierungssprecher Theodoros Roussopoulos den Vorgang.

Unterdessen kommen der betroffene Netzbetreiber Vodafone und sein Vorstandschef Jorgos Koronias immer stärker in die Kritik. Wie Justizminister Anastassios Papaligouras sagte, hatten Techniker des Unternehmens die Spyware, mit der 103 Vodafone-Mobilfunkanschlüsse abgehört wurden, bereits am 4. März 2005 entdeckt. Warum Koronias erst am Abend des 10. März das Büro des Ministerpräsidenten informierte, ist bisher unbeantwortet. Unklar ist auch, wie sich die unbekannten Lauscher Zugang zu den Vodafone- Computern verschaffen konnten und warum Koronias die Spyware eigenmächtig abschalten ließ, statt zunächst die Staatsanwaltschaft zu informieren.

Der Justizminister bestätigte auch, es gebe „unbeantwortete Fragen“ im Zusammenhang mit dem Tod eines leitenden Vodafone-Softwaretechnikers. Der 39-Jährige war am 9. März 2005 erhängt in seiner Wohnung aufgefunden worden. Verwandte und Freunde äußern Zweifel, dass es sich, wie seinerzeit von Gerichtsmedizinern angenommen, um Selbstmord handelte.

Wer hinter der Abhöraktion steckt, ist bisher unklar. Griechische Medien spekulieren über eine mögliche Verwicklung amerikanischer Dienste. Rekonstruieren konnten die Ermittler anhand der Verbindungsdaten immerhin, dass sich die 14 für die Abhöraktionen benutzten Handys alle bewegungslos in einem Gebiet in Athen befanden, das von drei Mobilfunk-Antennen begrenzt wird. Ziemlich genau im Mittelpunkt dieses Dreiecks befindet sich die Botschaft der USA. Deren Stellungnahme zu der Abhöraffäre ist ebenso knapp wie nichts sagend: „No comment“. Nikos Athanassakis, Sprecher der sozialistischen Opposition, zieht indes das Fazit: „Die Regierung Karamanlis kann die Sicherheit der griechischen Bürger nicht garantieren.“

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