
© dpa/Karl-Josef Hildenbrand
„Laut Grundgesetz ist die Staatsangehörigkeit unantastbar“: SPD weist Unions-Vorstoß zu Abschaffung von Doppel-Pass zurück
SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler widerspricht der Union: Die doppelte Staatsbürgerschaft soll bestehen bleiben. Nach Fiedlers Ansicht sind Entzüge nur in Ausnahmefällen verfassungskonform.
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Der SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler hat den Vorstoß aus den Reihen des CDU/CSU-Koalitionspartners zur Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft zurückgewiesen. Union und SPD hätten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Beibehaltung der Regeln zum Doppel-Pass verständigt, erklärte Fiedler am Mittwoch auf AFP-Anfrage. Diese Beibehaltung sei dann vor drei Wochen bei der Abstimmung im Bundestag über die Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes noch einmal bekräftigt worden.
„Auch die Abgeordneten der Unionsfraktion, die sich jetzt zu Wort melden, haben zugestimmt“, erklärte Fiedler. „Nach unserem Grundgesetz ist die deutsche Staatsangehörigkeit grundsätzlich unantastbar.“ Schon heute gebe es in Ausnahmefällen bei Doppelstaatlern eine Reihe von gesetzlichen Möglichkeiten, eine deutsche Staatsangehörigkeit wieder zu verlieren – etwa wenn sie durch Täuschung oder Drohung erworben wurde.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer hatte zuvor in der „Bild“ die von der Ampel-Koalition eingeführte generelle Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft infrage gestellt. Er forderte zudem, „Gewalttätern, Schwerkriminellen, Verfassungsfeinden, Antisemiten und Deutschen-Hassern“ die Staatsbürgerschaft zu entziehen, wenn diese zwei Pässe haben. Es könne nicht sein, dass Menschen das Privileg der Staatsbürgerschaft bekämen und danach die deutschen Werte „mit Füßen treten“.
Der CSU-Politiker stellte die doppelte Staatsbürgerschaft laut dem Bericht grundsätzlich infrage. Deutschland müsse sich fragen, ob man sich die generelle doppelte Staatsbürgerschaft noch leisten könne und wolle.
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Hamas-Anhänger im Fokus
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) brachte konkret die Ausbürgerung von Anhängern der palästinensischen Terror-Organisation Hamas ins Spiel. „Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in Nahost muss geprüft werden, ob Hamas-Anhängern die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann“, sagte er der „Bild“. Die Nähe zur Hamas stehe im Widerspruch zu deutschen Grundwerten.
Die doppelte Staatsbürgerschaft sollte die Ausnahme bilden, nicht die Regel.
CDU-Innenpolitikerin Cornell Babendererde
Die CDU-Innenpolitikerin Cornell Babendererde, in der Unions-Fraktion zuständig für das Einbürgerungsrecht, sagte der Zeitung: „Die doppelte Staatsbürgerschaft sollte die Ausnahme bilden, nicht die Regel.“ Wenn 80 Prozent der 2023 Eingebürgerten neben dem deutschen Pass ihre alte Staatsangehörigkeit behalten wollten, müsse man sich fragen, wie groß die Identifikation mit Deutschland wirklich sei. Möglicherweise gehe es vielen eher darum, die mit dem deutschen Pass garantierten Vorteile zu erhalten.
Eine Ausnahme soll nach Babenderedes Vorstellung für Nachfahren von Opfern des Nationalsozialismus gelten. Diese „Wiedergutmachungseinbürgerung“ sei Ausdruck der Verantwortung vor der Geschichte und „ein wichtiges Zeichen gegen Antisemitismus“, sagte sie der „Bild“.
Der SPD-Innenexperte Fiedler widersprach nun: „Die genannten Beispiele erfordern harte kriminalpolitische Antworten“, erklärte er. „Der Entzug der Staatsbürgerschaft hingegen ist hier weder zielführend noch verfassungsrechtlich möglich.“ Der SPD-Abgeordnete verwies darauf, dass deutsche Doppelstaatler beispielsweise, die für die Dschihadistenmiliz kämpften, seit 2019 die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie sich an Kampfhandlungen einer internationalen terroristischen Vereinigung beteiligen.
Anfang Oktober hatte der Bundestag mit Stimmen der Koalitionsfraktionen einige Verschärfungen des Staatsbürgerschaftsrechts verabschiedet. So wurde etwa die sogenannte Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren Aufenthalt wieder abgeschafft. Die Änderungen wurden vor allem auf Druck der Union durchgesetzt. Die SPD-Fraktion hob damals hervor, dass die früher von der Union abgelehnte doppelte Staatsbürgerschaft in dem neuen Gesetz nicht angetastet werde. (Tsp/AFP)
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