Politik: Liberale Aussteiger
Zehn Prozent weniger Abgeordnete werden im künftigen Bundestag sitzen. Das hat das Parlament selbst sich als Verkleinerung verordnet.
Zehn Prozent weniger Abgeordnete werden im künftigen Bundestag sitzen. Das hat das Parlament selbst sich als Verkleinerung verordnet. Parteien, die ihre absolute Fraktionsstärke halten wollen, müssen daher am 22. September gehörig zulegen. Dass dies gelingt, davon ist FDP-Parteichef Guido Westerwelle überzeugt. Doch unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahlen ist eines bereits klar: Die Liberalen werden den endgültigen Abschied von der Kohl-Ära erleben. Drei Minister der christliberalen Koalition hören auf.
Der prominenteste parlamentarische Ausscheider aus der gegenwärtig 43-köpfigen Fraktion ist Ex-Parteichef und Ex-Außenminister Klaus Kinkel. Bereits im August 2001 hatte der Schwabe angekündigt, sich aus der aktiven Politik zurückziehen zu wollen. Kinkel will mehr Zeit für die Familie haben, und er möchte sich als Anwalt verstärkt im humanitären und karitativen Bereich engagieren.
Auch der ehemalige Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig verlässt das Parlament. Der 60-Jährige will sich mehr um seinen Jura-Lehrstuhl in Kiel kümmern und bekundet: "Ich freue mich schon sehr auf die Möglichkeit, wieder wissenschaftlich arbeiten zu können." Im Herbst 2001 hat Schmidt-Jortzig sein Ausscheiden bekannt gegeben. Er wird auch als Rechtsberater für ausländische Internet-Unternehmen arbeiten.
Die ehemalige Bauministerin Irmgard Schwaetzer hat bereits Ende 2000 angekündigt, die gegenwärtige Legislaturperiode solle die letzte sein. Sie will verstärkt als Unternehmensberaterin arbeiten. Außerdem ist sie Vorsitzende im "Deutschen Komitee für Katastrophenvorsorge", einer Organisation im Netzwerk der Vereinten Nationen, die mit Mitteln des Auswärtigen Amtes entwicklungspolitische Prävention betreibt. Was die Politik betrifft, will Schwaetzer ihr Engagement im Kuratorium der FDP-nahen Naumann-Stiftung verstärken.
Ebenfalls aufhören werden der Wirtschaftspolitiker Paul Friedhoff und die Jura-Professorin Gisela Frick. Ina Albowitz, nachgerückt für Jürgen Möllemann, hat in Nordrhein-Westfalen wegen eines schlechten Platzes auf der Landesliste kaum Chancen auf ein neues Mandat. Ulrich Irmer aus Bayern hat auf einen aussichtsreichen Listenplatz verzichtet. So wird die künftige FDP-Fraktion, ob nun das Projekt 18 gelingt oder nicht, von neuen Gesichtern mit geprägt werden.
Dazu gehören ein halbes Dutzend von den "Jungen Liberalen", Nachwuchspolitiker Ende 20 oder Anfang 30, die auf aussichtsreichen Plätzen gelandet sind. Aber auch Altbekannte treten an. NRW-Chef Jürgen Möllemann will wieder in den Bundestag, und Wolfgang Kubicki, noch Fraktionschef im Schleswig-Holsteinischen Landtag, plant ebenfalls den Gang nach Berlin.