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Politik: Lieferung von Öl aus Russland gerät ins Stocken

Moskau wirft Weißrussen Diebstahl vor und sperrt Pipeline nach Westeuropa

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Berlin - Der wochenlange Energiestreit zwischen Russland und Weißrussland hat am Montag zu einem überraschenden Lieferstopp von russischem Öl nach Westeuropa geführt. Deutschland, aber auch Polen und die Ukraine erhielten seit Montagmorgen kein russisches Öl mehr durch die Pipeline „Druschba“ (Freundschaft).

Die Ölleitung verbindet sibirische Ölfelder mit Deutschland und führt durch Weißrussland. Betroffen vom Lieferstopp sind die deutschen Raffinerien PCK in Schwedt und die Mitteldeutsche Erdölraffinerie in Spergau bei Leuna. Deren Betreiber versicherten allerdings, zu Versorgungsengpässen werde es vorerst nicht kommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte besorgt auf den Lieferstopp. Sie warnte vor zu großer Abhängigkeit Deutschlands von einzelnen Lieferanten.

Am Nachmittag wurde Semjon Weinstock, Chef des russischen Pipelinekonzerns Transneft, von Radio Echo Moskwy mit den Worten zitiert, sein Unternehmen habe die Abschaltungen in der Nacht zum Montag verfügt. Weißrussland, so lautet die Begründung, würde seit Samstag der Leitung illegal Öl entnehmen, das für den Export nach Polen und Deutschland bestimmt sei. Der Diebstahl sei geplant gewesen, denn Minsk habe zum 1. Januar alle Ölimporte für den Eigenbedarf storniert.

Der Grund: Seit Jahresbeginn verlangt Moskau von Minsk für Öl Importzölle, die 1997 im Hinblick auf einen gemeinsamen Staat abgeschafft wurden. Der Preis pro metrische Tonne steigt dadurch um stolze 180 Dollar. Russland hatte damit schon im November gedroht. Zum einen, weil Minsk das zollfreie günstige russische Öl zu Weltmarktpreise an Dritte weiter verkauft. Zum anderen, weil Weißrussland, Aserbaidschan und die Ukraine ein Gemeinschaftsunternehmen planen, das Öl aus der Kaspi-Region an Russland vorbei nach Westeuropa exportieren soll.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, er erwarte, dass die Öllieferung so schnell wie möglich wieder aufgenommen wird. Auch die EU-Kommission reagierte besorgt. Russland gehört zu den wichtigsten Erdöllieferanten für Westeuropa. Die russischen Importe decken rund ein Drittel des deutschen Rohölbedarfs. Allerdings fließt nur ein Teil durch die Pipeline „Druschba“.

Führende deutsche Politiker verwiesen auf die hohe Rohstoffabhängigkeit des Landes. Nun zeige sich, wie wichtig die deutsche Energieinitiative anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft sei, sagte SPD-Chef Kurt Beck. SPD-Umweltstaatssekretär Michael Müller forderte eine „gesamteuropäische Strategie der Integration und Gegenseitigkeit“. Damit derartige Vorfälle nicht zur alltäglichen politischen Auseinandersetzung würden, sei es notwendig, dass Energieallianzen geschlossen würden, sagte Müller dem Tagesspiegel. Der Öllieferstopp zeige, „wie angreifbar Deutschland ist und wie abhängig von demokratischen und fairen Strukturen bei den Energielieferanten“.

Am Abend stellte auch Aserbeidschan seine Ölexporte nach Europa ein. Grund ist die Verdoppelung der Preise für russisches Erdgas.

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