zum Hauptinhalt
Die Debatte im Bundestag über Bluttests vor der Geburt ist freigegeben - ohne Fraktionsvorgaben.

© AFP/John Macdougall

Gentest-Debatte im Bundestag: "Wie können wir die Automatik zur Abtreibung durchbrechen?"

Die Debatte im Bundestag über Trisomie-Tests für Schwangere ist vorbei. Viele Abgeordnete haben sehr persönlich argumentiert. Unser Liveblog zum Nachlesen.

Von

Stand:

- Der Bundestag diskutiert über Bluttests vor der Geburt etwa auf das Down-Syndrom des Kindes. Es ist eine offene Debatte, es gibt also keine Vorgaben von den Fraktionen.

- Ein Thema ist, ob Krankenkassen solche Tests bezahlen sollten. Zudem steht die Frage im Raum, ob es durch solche Tests mehr Abtreibungen geben würde.

- Bei der Debatte werden ethische und persönliche Fragen im Vordergrund stehen. So hat etwa die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt selbst ein Kind mit Down-Syndrom, dem Tagesspiegel sagte sie: „Ich habe diese Entscheidung nie bereut.“

- Seit 2011 ist ein Test auf dem Markt, bei dem bereits mit dem Blut der Schwangeren herausgefunden werden kann, ob das werdende Kind ein genetische Auffälligkeit hat, etwa Trisomie 21.

See latest updates
Neuen Beitrag anzeigen
Neue Beiträge anzeigen
new updates
Kein Beitrag vorhanden
Ragnar Vogt

Fazit

Es war eine kluge und oft sehr persönliche Debatte. Einige Redner haben über ihre Begegnungen mit Menschen mit Down-Syndrom berichtet. Mehrere Abgeordnete erzählten von ihrer eigenen Schwangerschaft oder davon, wie sie über solche Tests bei kommenden Schwangerschaften nachdenken würden. 

Soll nun der Bluttest auf Down-Syndrom für Schwangere eine Kassenleistung werden, ja oder nein? Für beide Positionen gibt es starke Argumente und die wurden auch in der Bundestagsdebatte genannt. Immer wieder wurde darauf verwiesen, dass die Beratung für werdende Eltern verbessert werden sollte. Auch sollte sich die Gesellschaft mehr anstrengen, behindertengerechter zu werden.

Mehrere Abgeordnete haben eine Kompromisslinie aufgezeigt: Der Bluttest auf Down-Syndrom solle nicht grundsätzlich eine Kassenleistung sein. Nur wenn vom erhöhten Risiko ausgegangen werde, also bei sogenannten Risikoschwangerschaften, solle die Krankenkasse einen solchen Test auch bezahlen.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

Letzte Rednerin

Letzte Rednerin ist Emmy Zeulner von der CSU. "Wir alle wollen zum Wohle der Mutter und des Kindes entscheiden." Sie stehe dem risikoarmen nichtinvasivem Test positiv gegenüber. Der Test dürfe aber nicht Routine werden, deshalb sollten Kassen ihn nicht generell bezahlen. Es brauche eine bessere Aufklärung, auch im psychosozialen Bereich noch vor dem Test.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Wie können wir die Automatik zur Abtreibung durchbrechen?"

Auch Uwe Schummer von der CDU wies darauf hin, dass mehr als 90 Prozent der Eltern mit der Diagnose Down-Syndrom sich für eine Abtreibung entscheiden würden. "Wie können wir die Automatik zur Abtreibung durchbrechen?" Ursache sei nicht der Test, sondern die Art, wie die Gesellschaft mit der Diagnose Down-Syndrom umgehe. Ein Ergebnis eines solchen Tests erzeuge einen hohen Entscheidungsdruck. Es entstünden Fragen, etwa: Hält meine Beziehung das aus? Eltern müssten snrt  mitbekommen, ein Kind mit Down-System nicht leidet. Solche Kinder seien "voller Lust am Leben".
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

Das Recht auf Leben schützen

Michael Brand von der SPD zitierte einen Menschen mit Down-Syndrom, Andreas: "Ich finde es total doof, dass ich eigentlich nicht leben soll." Man müsse das Recht auf Leben von Menschen wie Andreas schützen. Der Bluttest berge die Gefahr, dass der Rechtfertigungsdruck steige, dieses Angebot auch zu nutzen. Eine Diagnose auf ein Down-System führe aber zu mehr als 90 Prozent zu Abtreibungen.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Weniger Risiko nur für Menschen mit mehr Geld?"

Marja-Liisa Völlers von der SPD verwies darauf, dass der Bluttest sehr viel risikoärmer sei als die Untersuchung des Fruchtwassers, die bereits von der Kasse bezahlt werde. "Weniger Risiko nur für Menschen mit mehr Geld?", fragte sie. Das dürfe nicht sein, arme Frauen dürfe man nicht von dem Test ausschließen. Ein Befund müsse auch nicht bedeuten, dass es eine Abtreibung geben werde. Es brauche vielmehr eine gute ergebnisoffene Beratung der Ärzte.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

Bericht von der eigenen Schwangerschaft

Kathrin Helling Helling-Plahr von der FDP erzählte, dass sie selbst einen Bluttest auf Trisomie gemacht habe, als sie zum zweiten Mal schwanger gewesen sei. Sie habe den Test bezahlen müssen. Während ihrer ersten Schwangerschaft habe sie viele Komplikationen gehabt, Ärzte hätten ihr prognostiziert, dass sie eine Fehlgeburt haben würde. Sie habe aber ein gesundes Kind bekommen. Auch bei ihrer zweiten Schwangerschaft habe sie große Ängste gehabt und mehr Gewissheit gebraucht, auch durch einen Test. Werdenden Eltern könne also der Test eine Gewissheit geben, dass ihr Kind gesund ist. Sollte doch ein Trisomie-Befund da sein, dann helfe das frühe Wissen den Eltern auch, sich darauf einzustellen. Es sei unethisch, ärmeren Menschen den Bluttest vorzuenthalten, indem er nicht von Kassen bezahlt werde.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Wie schön, dass es mich gibt"

Matthias Barthke von der SPD erzählte von der Begegnung mit einem Trisomie-Kind. Es hätte ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Wie schön, dass es mich gibt" getragen. Die Gesellschaft dürfe keine Bedingungen schaffen, dass es solche Menschen nicht gebe, forderte er. Der Staat solle nicht aktiv eingreifen, dass Abtreibungen von Kindern mit Down-Syndrom wahrscheinlicher werden würden. Der Staat solle vielmehr fördern, dass die Gesellschaft positiv gegenüber Menschen mit der genetischen Auffälligkeit eingestellt ist.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Keine generelle Selektion von ungeborenem Leben"

Der CDU-Abgeordnete Stephan Pilsinger von der CDU ist selbst Arzt. Er verwies darauf, dass der Bluttest auch ein falsches Ergebnis haben kann. Das könne dazu führen, dass Mütter ein Kind, dass eigentlich keine genetische Auffälligkeiten habe, abtreiben könnten. Gentests dürften erst ab der 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, damit eine Abtreibung dann nicht mehr so leicht möglich sei. Nur so könne verhindert werden, dass sich die Möglichkeit von Designerbabys etablieren könne. Denn das wäre ein Schritt in eine eugenische Gesellschaft, die abzulehnen sei. Es dürfe "keine generelle Selektion von ungeborenem Leben" geben. Nur bei Risikoschwangerschaften sollten die Kassen den Trisomie-Test bezahlen.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

Lauterbach fordert neues Gremium

Nachreichen muss ich Ihnen noch den SPD-Politiker Karl Lauterbach, der vor etwa 20 Minuten geredet hatte. Auch er setzte sich dafür ein, dass Kassen den Trisomie-Test bezahlen sollten. Zudem verwies er darauf, dass es bald sehr viel mehr Bluttests auf verschiedene Gen-Auffälligkeiten geben werde. Diese sollten von einem neu zu schaffenden Gremium aus Experten bewertet werden.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Willkommenskultur für alle Kinder"

Volker Münz von der AfD warb für eine "Willkommenskultur für alle Kinder", also auch für Behinderte. Der Bluttest auf Trisomie habe anscheinend keine Nebenwirkung, es gebe aber eine gesellschaftliche Nebenwirkung: Würde der Test Regelleistung, dann würde der Anspruch, gesunde Kinder zu bekommen, steigen. Es würde ein gesellschaftlicher Druck entstehen. Man dürfe aber behinderten Kindern das Recht auf Leben nicht verwehren. Der Bluttest dürfe nicht generell Kassenleistung werden, er solle nur bei Risikoschwangerschaften von der Kasse bezahlt werden.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Down-Syndrom ist keine Krankheit"

Kirsten Kappert-Gronther von den Grünen verwies auf das Beispiel Island: Dort werde der Bluttest bereits von den Kassen bezahlt. Das habe zur Folge, dass dort eine Abtreibung von Embryos mit Trisomie der Normalfall sein. "Das darf es in Deutschland nicht geben", sagte sie. Denn: "Down-Syndrom ist keine Krankheit." Es gebe ein Recht auf Nichtwissen. Dass der Test eine generelle Standardleistung werde, lehne sie ab.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Wir brauchen eine Willkommenskultur für alle Kinder"

SPD-Politikerin Dagmar Schmidt hat selbst ein Kind mit Trisomie. Sie plädierte für ein "Recht auf Nichtwissen", es müsse also für Schwangere möglich bleiben, keine Tests zu machen. Die Ärzte sollten entsprechend geschult werden, dass sie nicht auf solche Tests drängten. Zudem solle es eine bessere psychosoziale Beratung geben, damit die Eltern mit einer Diagnose nicht allein gelassen werden würden. Auch warb sie dafür, dass behinderte Kinder besser gestellt werden: "Wir brauchen eine Willkommenskultur für alle Kinder." Kinder mit "besonderen Herausforderungen" müssten auch besonders unterstützt werden.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Warum Habt ihr Angst vor uns?"

Die Grünen-Abgeordnete Corina Rüffer hat als erste in der Debatte sich dagegen ausgesprochen, dass Gentests von Kassen bezahlt werden. "Warum habt ihr Angst vor uns", zitierte sie einen Menschen mit Down-Syndrom. Eine Diagnose auf Trisomie beim Kind führe oft zu Abtreibungen. Der Diskurs werde über die Köpfe der Betroffenen hinweg geführt.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

"Dieser Bluttest muss Kassenleistung werden"

FDP-Politikerin Christine Aschenberg-Dugnus argumentiert persönlich: Sie selbst habe vor Jahrzehnten vor der Entscheidung gestanden, ob sie als Schwangere einen Test auf Trisomie mache. Damals gab es nur die Fruchtwasser-Untersuchung. Der neue ungefährliche Bluttest sei besser. "Dieser Bluttest muss Kassenleistung werden."
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ragnar Vogt

Unruhe im Plenum

"Dieser Test muss Regelleistung werden", sagte Axel Gehrke von der AfD. Denn der Bluttest sei viel ungefährlicher als andere Verfahren. Er nutzte die Debatte aber auch für seine Kritik am Abtreibungsrecht und plädierte für eine höhere "Wertschätzung des ungeborenen Lebens". Zudem behauptete er, Grüne und SPD würden noch für Abtreibungen bis zum 9. Monat sein – dabei kam Unruhe im Plenum auf.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink
Ruth Ciesinger
Author Ruth Ciesinger

Um was es geht 

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, durch die unter anderem untersucht wird, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt kommen würde. Lange hatte sich dies zuvor während der Schwangerschaft nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen. Bisher sind die rund 130 Euro teuren Bluttests meist selbst zu zahlen. Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden, daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten und eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung. Die Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich.
Share
Share on Facebook Share on LinkedIn Share on WhatsApp Share on Telegram Share on Twitter Share via Email |
Permalink

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })