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„Löst bei mir keine Zuversicht aus“: Grüne streiten über Habecks Sicherheitsvorschläge
Mit einem Zehn-Punkte-Plan wollte Grünen-Kanzlerkandidat Habeck ein Signal in Richtung Union senden. Nun hagelt es Kritik aus den eigenen Reihen.
Stand:
Es sollte Robert Habecks Antwort auf die migrantischen Mordtaten in Aschaffenburg und Magdeburg und gleichzeitig ein Signal für Schwarz-Grün sein. Doch nun wird sein Zehn-Punkte-Plan, in der Habeck eine „Sicherheitsoffensive“ gefordert hatte, zum Eigentor.
Parteiintern ist der Ärger über Habecks Vorstoß, der nach Tagesspiegel-Informationen mit relevanten Teilen der Partei nicht abgesprochen war, groß. Vor allem der linke Parteiflügel läuft Sturm. „Es ist unsäglich, dass hier unter Sicherheit ausschließlich Migration und Flucht besprochen wird“, heißt es aus linken Parteikreisen zu den Vorschlägen von Habeck.
In dem Papier, das Habeck über die „Bild“-Zeitung lanciert hatte, forderte er unter anderem, dass „Nichtdeutsche Gefährder und Schwerkriminelle“ konsequent abgeschoben werden müssten. Zudem müsse „die irreguläre Migration weiter reduziert und begrenzt“ werden und dafür die Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems „umgehend“ umgesetzt werden.
„Bei mir löst der Zehn-Punkte-Plan keine Zuversicht aus“, sagte eine Parteilinke dem Tagesspiegel – eine Anspielung auf Habecks Wahlplakate, auf denen er das Wort „Zuversicht“ steht.
Wenn Habeck nach Rechts geht, gehen wir nach Links.
Ein Post der Grünen Jugend in Niedersachsen kritisierte Habeck. Inzwischen ist er gelöscht.
Besonders heftig kritisiert der niedersächsische Landesverband der Grünen Jugend Habecks Vorschläge. In einem inzwischen gelöschten Post ist von „menschenfeindlicher Abschiebepolitik“ und „rechten Narrativen“ die Rede. „Wenn Habeck nach Rechts geht, gehen wir nach Links“, hieß es in dem Post. Eine Anfrage dazu ließen Landes- und Bundesverband der Grünen Jugend unbeantwortet.
Ärger um Post von Parteichefin Brantner
Begonnen hatte der Ärger bereits am Montagabend. Parteichefin Franziska Brantner, langjährige Koordinatorin des Realo-Flügels und Vertraute von Habeck, hatte bei Instagram einen Post erstellt, der in mehreren Bildern den Sicherheits-Plan von Habeck erläutert hatte. Doch dieser Post kam bei vielen Nutzern nicht gut an: „Ist das ein Post der CDU mit grüner Kachelfarbe?“, fragte etwa ein Nutzer erbost.
Inzwischen ist der Post nicht mehr auffindbar. Eine Anfrage, warum die Parteivorsitzende den Beitrag löschte, ließ die Pressestelle der Grünen unbeantwortet.
Am Dienstagnachmittag veröffentlichte die Partei auf ihrer Homepage stattdessen eine deutlich längere Version des Zehn-Punkte-Plans von Habeck, der im Original keine zwei Seiten fasst. Dort betonen die Grünen nun erst einmal, CDU-Chef Friedrich Merz sei bei seinem Migrationsantrag an keiner Lösung interessiert gewesen. Zudem habe die Union „die Demokratie unsicherer gemacht“.
Robert ist auf der Suche nach der Mitte, kann sie aber nicht finden.
Eine Parteilinke der Grünen kritisiert Habeck.
Anders als Habeck betont die Parteispitze nun auch: „Deutschland ist ein Einwanderungsland.“ Erst nach dieser langen Einleitung präsentieren die Grünen schließlich die eigentlichen Punkte.
Die sind in der Sache eigentlich gar nicht so neu. Doch viele Grüne stören sich am Ton, den Habeck setzt. So benutzt er – anders als im Wahlprogramm – die Formulierung der „irregulären Migration“. Zudem soll GEAS laut Beschluss der Grünen nicht „umgehend“ umgesetzt werden, sondern nur, wenn es auch mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar sei.
Neben der Semantik stoßen sich viele Parteilinke auch am Zeitpunkt der Veröffentlichung des Habeck-Plans. Nach den großen Protesten gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD vom Wochenende seien die Vorschläge ein falsches Signal. Statt in Richtung Union zu schielen, sollten die Grünen migrantische Menschen und die Demonstranten vom Wochenende mitnehmen, heißt es kritisch. Eine Parteilinke versucht es mit einem Witz: „Robert ist auf der Suche nach der Mitte, kann sie aber nicht finden.“
Im Realo-Flügel, der sich seit Jahren eine rigidere Asyl- und Migrationspolitik wünscht, ist man dagegen über das Vorgehen der Parteispitze verärgert. Man habe Habeck im Stich gelassen, heißt es. Doch es gibt auch Zweifel am eigenen Kanzlerkandidaten: „Robert Habeck fehlt es an Durchsetzungskraft in den eigenen Reihen“, konstatiert ein Realo ernüchtert. Ein Joschka Fischer sei Robert Habeck nicht.
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