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In Quito ist Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) Spitze. Bis Dienstag leitet er die deutsche Delegation bei der UN-Siedlungskonferenz Habitat III.

© Britta Pedersen/dpa

Michael Müller bei Habitat-III-Konferenz: "Man darf nicht nur bis zur eigenen Grenze denken"

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hat in Quito nach Ideen gesucht, wie Partizipation in Berlin besser klappen könnte. Die Bürger sollen mehr in die Stadtplanung eingebunden werden.

Sie haben bei der Weltversammlung der lokalen Regierungen am Sonntag in Quito gesagt, dass Sie hier beim Weltsiedlungsgipfel Habitat III sind, um herauszufinden, was Sie in Berlin tun können, um die „neue urbane Agenda“ umzusetzen. Auf einen Nenner gebracht, geht es darum, Städte lebenswert für alle zu machen. Haben Sie schon eine Idee gefunden, die Sie sich nach Ihrer Rückkehr genauer anschauen wollen?

Ganz besonders interessant finde ich Partizipationsfragen und -formate. Da sehen wir in Berlin ja, was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten. Wir sind aber nicht die einzigen, die sich damit auseinandersetzen, wie man große Infrastrukturprojekte gemeinsam mit der Bevölkerung umsetzen kann. Da gibt es viele Erfahrungen. Ich habe jetzt von einem interessanten Projekt gehört, von einem großen Bauvorhaben, das schon mit den Bürgern diskutiert wurde, bevor es überhaupt losging mit den Planungen. 20 Soziologen haben mit den Bürgern gesprochen, nicht Stadtplaner, und sind auf die Wünsche der Bürger eingegangen. Solche Erfahrungen mit aufzugreifen, ist auch für Berlin wichtig.

Und was hat Berlin den Städten hier in Quito zu bieten?

Berlin, Deutschland insgesamt wird sehr sensibel und interessiert wahrgenommen von den anderen Bürgermeistern und Staaten, weil wir viele Erfahrungen haben. Bei der Flüchtlingsaufnahme und Integration spielt das eine Rolle. Auch bei der Erreichung der Klimaziele und der Frage, welche Technologien wir mit welchen Mitteln einsetzen, gibt es dieses Interesse. Da haben wir in Berlin auch viele Erfahrungen und konkrete Projekte mit unseren Partnerstädten. Diese Kontakte und dieses Netzwerk werden wir jetzt auch im Rahmen von Habitat III ausbauen.

Die C-40-Städte, ein Bündnis von Großstädten, die sich in Sachen Klimaschutz vernetzt haben, und dem Berlin auch angehört, haben die Forderung erhoben, dass internationale Klimamittel auch Kommunen direkt zugänglich sein sollten. Bisher muss Geld aus dem Grünen Klimafonds oder aus anderen internationalen Quellen über die Regierungen beantragt werden. Könnte Berlin davon profitieren, wenn die C40 sich damit durchsetzen?

Das spielt bei uns auch eine Rolle. Wir haben internationale und Bundesmittel, die natürlich unkompliziert und barrierefrei zur Verfügung gestellt werden sollten. Und es muss möglich sein, dass die Kommunen und die Bundesebene dabei problemlos zusammenarbeiten können. Im Bereich der Mobilität und der Klimapartnerschaften ist es zwingend erforderlich, Bundesmittel oder europäische Mittel einzusetzen. Damit wären die Kommunen alleine überfordert.

Denken Sie, dass es irgendwann möglich ist, dass Städte oder Städteverbünde direkt Weltbankkredite beantragen können?

Das wäre ein nächster Schritt. Sicherlich ist es nicht einfach, so etwas zu verabreden, weil die Städte mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen arbeiten. Finanziell aber sie sind auch unterschiedlich weit bei der Umsetzung ihrer Klima- und anderen Ziele. Vielleicht wäre es überlegenswert, in Regionen zu denken. Man könnte beispielsweise sagen: Europäische Städte bilden gemeinsam einen Pool, oder lateinamerikanische Städte gemeinsam, weil man dann schneller die Schnittstellen verabreden kann, als es über Kontinente hinweg zu versuchen.

Was erwarten Sie von der neuen urbanen Agenda? Wird sie Einfluss auf die konkrete Politik haben?

Ich nehme es jetzt schon so wahr, dass es großes Interesse daran gibt. Wir wissen doch jetzt, dass jedes internationale Thema und jede internationale Krise sofort auch bei uns Auswirkungen hat. Insofern haben wir diesen Lernprozess binnen kürzester Zeit durchgemacht, dass man nicht mehr nur bis zur eigenen Grenze denken darf. Sondern man muss gucken, wie ist die internationale Situation und wie kann man Themen gemeinsam angehen? Der internationale Prozess spielt nicht nur bei Migration und Flüchtlingsaufnahme eine große Rolle sondern auch bei der Umweltpolitik und der Verkehrspolitik, aber auch ganz besonders bei Bildungs- und Gesundheitsfragen. International gibt es die gleichen Themen, Probleme und Konflikte und gemeinsam können wir sie besser lösen als allein oder nur auf eine Stadt bezogen.

Das Gespräch führte Dagmar Dehmer in Quito bei der Habitat III Konferenz der Vereinten Nationen, wo sie sich auf Einladung der Deutschen Gesellschaft der Vereinten Nationen aufhält.

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