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Die Laune ist besser als die Lage: Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck (von links nach rechts) vor Schloss Meseberg.

© Kay Nietfeld/dpa

Die Ampel verliert Vertrauen: Man muss die Menschen auch überzeugen

Mitten in der Krise erreicht die Zustimmung zur Arbeit der Bundesregierung einen Tiefstwert. Wenig spricht dafür, dass ein neues Entlastungspaket daran viel ändert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Stand:

Haben die Spitzen der Ampelkoalition bei ihrer Arbeit an den vielen Krisen noch Zeit, einen Blick auf die Umfragen zu werfen? Falls sie im Ringen um die Gasversorgung, im Kampf gegen die hohen Energiepreise und bei der Abstimmung des dritten Entlastungspakets kurz hinschauen, werden sie dort wenig Ermutigendes entdecken.

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Die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung ist in der größten Herausforderung seit Jahrzehnten im Deutschlandtrend auf den Tiefstwert gesunken, seit sie Ende 2021 ihre Arbeit begann. Weniger als ein Drittel der Deutschen bescheinigen ihr noch gute oder sehr gute Arbeit. Die anderen zwei Drittel schütteln über ihre Performance den Kopf.

Dabei hat die Ampel wegen der hohen Energiepreise schon zwei milliardenschwere Entlastungspakete verabschiedet. Doch die politische Bilanz sieht so aus: Weder haben die Deutschen mit Dankbarkeit reagiert, noch hat das viele Geld ihnen das Gefühl vermittelt, die Regierung habe die Krise unter Kontrolle.

Vertrauensabriss mitten in der Flussüberquerung

Bildlich könnte man vom Vertrauensabriss mitten in der Flussüberquerung sprechen: Wer soll in der reißenden Strömung dieser politischen Führung folgen, wenn die Zweifel an ihr wachsen? Zu denen tragen viele Faktoren bei: Die Ampelparteien wollen ihre ideologischen Gräben nicht verlassen, wenn etwa die SPD das neue Entlastungspaket aus dem Klima- und Transformationsfond mitfinanzieren will, die Grünen sich weiter gegen eine Verlängerung der Akw-Laufzeiten und die Liberalen sich gegen neue Einnahmequellen für den Staat sperren.

Noch fataler wirkt sich ein Faktor aus, der schon oft beklagt worden und offenbar kaum zu ändern ist: Olaf Scholz hat in vielen Spitzenämtern die Fähigkeit erworben, komplexe politische Zusammenhänge genau zu analysieren, Ansatzpunkte und Lösungen zu finden. Doch die Fähigkeit, den Deutschen ein Gefühl der Nähe oder wenigstens des Wahrgenommen-Werdens zu vermitteln, geht ihm ebenso ab wie das Talent, spannend und mitreißend zu reden. Auch das aber ist Voraussetzung für Führung – sogar ein wesentlicher.

Manche fragen sich schon, ob sie sich im Winter überhaupt noch Gast leisten können.

© Gareth Fuller/PA Wire/dpa

Manchmal hilft ein Blick zurück: Als vor fast 50 Jahren der Ölpreisschock die Bundesrepublik traf, brachte die sozialliberale Koalition das „Energiesicherungsgesetz“ auf den Weg. An vier Sonntagen erließ sie Ende 1973 ein Fahrverbot, das die FDP nicht verhinderte. Der drastische Eingriff machte den Deutschen sinnlich erfahrbar, in welcher Krise sich das eigene Wirtschaftsmodell befand.

Eine ähnlich unbequeme, strikte Einschränkung hat die Ampel nicht versucht. Das hat Gründe. Ein halbes Jahrhundert nach den Fahrverboten sind die Deutschen zugleich kritischer und anspruchsvoller. Das heißt: Sie lassen sich viel weniger vom Staat gefallen und verlangen zugleich viel mehr von ihm.

Leider ist das in der Weltkrise, die Russlands Krieg ausgelöst hat, eine Kombination von Erwartungen, die kaum mehr aufgehen kann. Deshalb heißt die Frage: Wer wird glasklar sagen, dass diese Regierung und auch die Politik insgesamt nicht die Kraft aufbringen können, viele Einbußen an Einkommen auszugleichen, weil das jeden Etat sprengen würde?

Eine Zeitenwende-Rede für die Innenpolitik - bislang fehlt sie

Die Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz war ein Weckruf – vor allem für die Außen- und Sicherheitspolitik. Der Kanzler aber hat bislang nicht auf den Begriff gebracht, welche Zerreißproben im Inneren auf das von ihm regierte Land zukommen, gegen das Wladimir Putin Energiepolitik als Waffe einsetzt.

Es wäre eine Überraschung, wenn die Ampel am Wochenende mit dem dritten Entlastungspaket alle inneren Widersprüche auflösen und noch mehr Milliarden so verteilen könnte, dass vor allem die Misere der Bedürftigsten gemildert wird. Deshalb sollte niemand darauf bauen, dass dieses Paket das Band des Vertrauens zwischen Regierung und Regierten wieder festigt. Eher wird es dabei bleiben: Die Arbeit der Überzeugung, sie muss in der Krise endlich angegangen werden.

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