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Politik: Mann von gestern

Die Regierung in Ankara distanziert sich von Volksgruppenführer Denktasch und stellt sich hinter die Demonstranten auf Zypern

Der Volksgruppenführer der Zyperntürken, Rauf Denktasch, steht auf ziemlich einsamen Posten. Bei seinem Widerstand gegen den UN-Friedensplan für die Insel läuft ihm nicht nur die junge Generation der Zyperntürken davon; auch die Türkei distanziert sich langsam, aber sicher von ihrem langjährigen Protegé. So zeigte der türkische Parlamentspräsident Bülent Arinc jetzt Verständnis für die Demonstranten, die für die Wiedervereinigung der Insel auf die Straße gingen. Seiner Ansicht nach sei eine solche Kundgebung ein wichtiger Bestandteil einer Demokratie, ließ Arinc den Volksgruppenführer abblitzen.

Schon beim Regierungsantritt der Partei für Recht und Entwicklung (AKP) in der Türkei im vergangenen November zeichnete sich ein Kurswechsel der türkischen Zypernpolitik ab. Im Gegensatz zu Denktasch bewertete AKP-Chef Recep Tayyip Erdogan den UN-Friedensplan von Anfang an als verhandelbar. Die bisherigen Regierungen hatten sich für die Anerkennung des zyperntürkischen Staates und damit den Fortbestand der Teilung eingesetzt. Bereits im Dezember hatten auf Nordzypern zehntausende Menschen für die Annahme des EU-Plans demonstriert. Damals hatte Erdogan den zyperntürkischen Volksgruppenführer davor gewarnt, sich über den Willen der Bevölkerung hinwegzusetzen. Die Zypernfrage sei keine persönliche Angelegenheit von Denktasch, sagte er. Die neue türkische Offenheit in der Zypernfrage soll sich nun auch in der offiziellen Politik bemerkbar machen, kündigte das Außenministerium in Ankara an. Mit der Vorlage des UN-Plans sei ein „neues und wichtiges Element zur friedlichen Lösung der Zypernfrage“ auf den Tisch gekommen, erklärte das Ministerium. „Das muss sich natürlich auch in einer Anpassung unserer Politik niederschlagen.“

Die neue türkische Linie solle nach letzten internen Abstimmungen in Kürze vorgestellt werden, sagte Außenminister Yasar Yakis. Denktasch hat bereits mit seinem Rücktritt gedroht, falls die Türkei ihn zur Annahme einer Einigung mit den griechischen Zyprer zwingen wolle, die seiner Ansicht nach „inakzeptabel“ sei.

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