zum Hauptinhalt
Da die Zahl der Pflegebedürftigen wächst, sinkt die Liquiditätsreserve der Pflegekassen.

© Foto: PHILIPP GUELLAND/dpa

Mehr Pflegebedürftige: Gesetzliche Pflegeversicherung verbucht Defizit von 2,2 Milliarden Euro

Weil die Reserven der Pflegekassen sinken, fordert der Spitzenverband mehr Steuermittel. Bisher signalisiere die Regierung dazu jedoch keine Bereitschaft.

Die gesetzliche Pflegeversicherung hat im vergangenen Jahr ein Defizit in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro verbucht. Wie der GKV-Spitzenverband am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, lag die Liquiditätsreserve der Pflegekassen zum Jahresende bei rund 5,7 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden unter der gesetzlich vorgesehenen Höhe.

Ende 2021 hatte das Defizit rund 1,35 Milliarden Euro betragen. Grund für die Entwicklung ist die kontinuierlich steigende Zahl von Pflegebedürftigen, wie die „Augsburger Allgemeine“ am Donnerstag berichtete. Seit 1999 stieg die Zahl demnach von damals zwei auf mittlerweile 4,6 Millionen.

Neuer Staffel-Beitragssatz könnte Kassen zusätzlich belasten

Angesichts der vom Bundesverfassungsgericht ab Sommer geforderten Entlastung für kinderreiche Familien warnen die Krankenkassen vor zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Pflegeversicherung, wie die Zeitung weiter berichtete.

Da es sich um eine familienpolitische Leistung handelt, müssten hierfür Steuermittel fließen.

Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung

Die Bundesregierung müsse so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorlegen, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Gernot Kiefer. „Da es sich um eine familienpolitische Leistung handelt, müssten hierfür Steuermittel fließen.“ Dazu habe die Bundesregierung bisher aber „keine Bereitschaft signalisiert“.

Bisher keine Bereitschaft der Regierung zu neuem Gesetzesentwurf

„Das Urteil muss spätestens bis Ende Juli umgesetzt werden, und bisher liegen hierzu noch nicht einmal Eckpunkte vor“, sagte Kiefer. „Sowohl die Pflegekassen als auch die Arbeitgebenden brauchen mindestens sechs Monate, um einen nach der Kinderzahl gestaffelten Beitragssatz auch umzusetzen.“ Ohne zusätzliche Steuermittel drohten der Pflegeversicherung Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe oder deutliche Beitragserhöhungen, so Kiefer.

Dem Karlsruher Urteil zufolge sollen Eltern mit mehreren Kindern zukünftig weniger Pflegebeiträge zahlen als Eltern mit nur einem Kind. Die Richter trugen dem Gesetzgeber auf, die Beiträge zur Pflegeversicherung bis Ende Juli 2023 neu zu regeln.

Aktuell zahlen Eltern geringere Beiträge in die gesetzliche Pflegeversicherung als Kinderlose. Kinderlose entrichten seit 2005 einen Zuschlag, der zum Jahr 2022 noch einmal erhöht wurde. Bislang wurde aber nicht nach der Zahl der Kinder unterschieden, was sich nun ändern soll. Das Bundesverfassungsgericht sah eine Benachteiligung schon ab dem zweiten Kind.

Grüne verspricht rechtzeitige Umsetzung

Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink kündigte eine rechtzeitige Umsetzung der Vorgaben des Verfassungsgericht im Zuge der geplanten Pflegereform an. „Wir werden diesen Auftrag an das Parlament im Rahmen unserer Ampel-Koalition im ersten Halbjahr als Bestandteil einer umfassendere Reform für die Pflege umsetzen“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“. Unabhängig davon solle die finanzielle Situation der Pflegeversicherung durch grundlegende Maßnahmen zeitnah stabilisiert werden.

Maria Klein-Schmeink bei einer Rede im Bundestag (Archivfoto)
Maria Klein-Schmeink bei einer Rede im Bundestag (Archivfoto)

© Foto: IMAGO/Jean MW

Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Westig, verwies darauf, dass die Details innerhalb der Koalition noch diskutiert würden. „Ich bitte um Verständnis, dass wir derzeit dazu nichts nach außen geben können und wollen“, sagte sie der Zeitung.

Die FDP dringe jedoch auf einen grundsätzlichen Umbau der Pflegeversicherung für einer nachhaltige und generationengerechte Finanzierung. „Das geht aus unserer Sicht nur mit mehr Elementen der Kapitaldeckung“, so Westig. (AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false