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Koch Merkel

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Streit in der Union: Merkel stellt sich vor Koch

Nachdem mehrere Unionsmitglieder Roland Koch für seine Wahlkampfstrategie kritisiert haben, mischt sich nun auch Kanzlerin Merkel in den Streit ein. Sie und andere verteidigten die Themenwahl des hessischen Noch-Ministerpräsidenten.

"Ich stand und ich stehe dazu": Jugendkriminalität sei im Wahlkampf zu Recht thematisiert worden, sagte Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dieses Thema sei auch in Zukunft kein Tabu. Der Wahlkampf Kochs habe die "volle Unterstützung der CDU und meine als Vorsitzende" gehabt.

Auch Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) attackierte die 17 Parteifreunde, die sich in einem offenen Brief gegen Koch gestellt hatten. In der "Bild-Zeitung" sagte Schönbohm: "Dieser Brief empört mich. Noch am 5. Januar haben Präsidium und Bundesvorstand der CDU die Wiesbadener Erklärung verabschiedet. Einstimmig! Da waren alle dabei, die jetzt unterschrieben haben - Ole von Beust, Friedbert Pflüger und die anderen Brüder." In der Wiesbadener Erklärung hatte die CDU Kochs Positionen zur Jugendkriminalität ausdrücklich unterstützt. Der bayerische Europaminister Markus Söder (CSU) nannte den Brief ein "falsches Signal". Söder sagte im selben Blatt: "Kampf gegen Kriminalität bleibt ein Kernthema der Union. Konservative Politik müssen wir deshalb auch weiter konsequent und glaubwürdig vertreten - auch im Wahlkampf!"

Auf Distanz zu Koch

Zuvor waren Politiker unterschiedlicher Parteiflügel - wie der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz auf Distanz zu Aussagen von Koch zur Ausländerpolitik gegangen. Auch die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung kam unterdessen zum Schluss, Koch habe sich das Debakel bei der Landtagswahl selbst zuzuschreiben. Die CDU in Hessen habe einen stark polarisierenden Wahlkampf geführt und damit Wechselwähler vergrault. "Das Thema Jugendgewalt stieß auf große Resonanz, die politischen Lösungsansätze überzeugten weniger", heißt es in einer Studie. Dies habe zu einem "Glaubwürdigkeitsdefizit" für die CDU und letztlich zu den Stimmenverlusten von zwölf Prozentpunkten geführt.

Ohne Koch namentlich zu nennen, sagte Polenz im Bayerischen Rundfunk: "Ich glaube, dass auch mancher Zungenschlag im hessischen Wahlkampf über das Ziel hinausgeschossen ist." In der Ausländerpolitik müsse sensibel vorgegangen werden. Schönbohm bemängelte andererseits insbesondere den Einsatz des CDU-Wahlplakats mit der Aufschrift "Ypsilanti, Al Wazir und die Kommunisten verhindern!". Er könne die Kritik daran nachvollziehen, sagte Schönbohm im SWR. "Koch hat Fehler gemacht. Die starke Polarisierung hat dazu geführt, dass die Gesprächsfähigkeit zwischen den Parteien nach der Wahl sehr eingeschränkt ist."

Brief polarisiert stärker als Koch

Indes versuchten einige der Autoren des offenen Briefs, den Eindruck zu entkräften, er richte sich gegen Koch. Sie hätten sich primär gegen den Eindruck wehren wollen, die Union stehe nicht für Integration. Der Berliner CDU-Politiker Friedbert Pflüger meinte im ZDF: "Das ist keine Korrektur von Koch, allenfalls eine Ergänzung." Ähnlich äußerte sich Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU). Der Initiator des Briefs, NRW-Integrationsminister Armin Laschet, nannte als den "eigentlichen Adressaten" eine Gruppe prominenter türkisch-stämmiger Deutscher, die der Union in einem offenen Brief in der Wochenzeitung "Die Zeit" zuvor Populismus in der Ausländerpolitik vorgeworfen hatte. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben die Unterzeichner aus der CDU aber durchaus beabsichtigt, Missverständnisse, aus der Welt zu schaffen, die durch Kochs Wahlkampf ausgelöst worden seien.

Der Freiburger Migrationsforscher Dieter Oberndörfer, der ebenfalls unterzeichnete, sprach von einer "klaren Distanzierung" von Kochs Wahlkampf. Dieser Wahlkampf sei "unverantwortlich" und "ausgrenzend" gewesen, sagte er. Koch habe Wahlkampf "auf dem Rücken von Ausländern" gemacht und sollte deshalb zurücktreten. (mhz/dpa)

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