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Robert Habeck, Bündnis 90/Die Grünen und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

© IMAGO/Florian Gaertner

Merz verhält sich auch ganz schön peinlich: Mit seiner Kritik an Habeck trifft sich der Kanzler selbst

Hat der Kanzler eigentlich schon mal was dazu gesagt, wie viel er vom Programm des Kanzlerkandidaten der Grünen übernommen hat? Nein. Aber über dessen Abschied erhebt er sich. Nicht ganz die feine Art.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Friedrich Merz als der, der über Stil und Formen in der Politik befindet? Na dann – gelten seine Maßstäbe natürlich auch für ihn. Und es ist nicht so, dass er den eigenen voll gerecht würde.

„Peinlich“ findet Merz, wie sich Robert Habeck aus der Politik verabschiedet hat. Nun, peinlich ist dann aber auch sein Verhalten: Bisher gibt es nicht die leiseste Verbeugung von ihm vor dem, dessen Programm er als Kanzler weitgehend übernommen hat. Und das schon direkt nach der Wahl! Das geht zu weit, kann man sagen.

Hier nur ein paar Stichworte: Weg mit der Schuldenbremse, her mit Sondervermögen, mehr Hilfe für die Ukraine – die Liste ist noch länger. Kein einziges Wort von Merz, das in Richtung Anerkennung (im Sinne von Würdigung oder Wertschätzung) oder wenigstens Anerkenntnis (der Tatsachen und Umstände) geht. Ist das fein?

Nicht, dass die Menschen nach dieser Legislaturperiode meinen, Habeck hätte am Ende doch Kanzler gekonnt. Vielleicht fällt es im Vergleich dann aber zunehmend auf.

In der Rückschau, mehr aber noch in der Draufschau auf die aktuelle Politik entsteht der Eindruck: So viel Innenpolitik wie der Kanzler kann Habeck auch.

Stephan-Andreas Casdorff

Merz hat noch in der Opposition Habeck als unfähig bezeichnet, als einen, der keinen ökonomischen Sachverstand habe. Er müsste es besser wissen. Der Wirtschaftsminister hat bei der Lösung von Strukturproblemen – und die hat Deutschland zuhauf – sehr begrenzten Einfluss. Gesundbeten hilft da nicht, und es hat auch weniger mit Psychologie zu tun.

In der Rückschau, mehr aber noch in der Draufschau auf die aktuelle Politik entsteht der Eindruck: So viel Innenpolitik wie der Kanzler kann Habeck auch. Und ein Heizungsgesetz hätte Merz genauso wenig schreiben können. Wahrscheinlich hätte er auch seine Leute drangesetzt. So hält es der Regierungschef gerade doch selbst.

Robert Habeck habe mit der Art seines Abschieds Charakterzüge gezeigt, „die wir schon immer vermutet haben“, sagt Friedrich Merz. Welche denn? Hoffart? Überheblichkeit? Empfindlichkeit? Obacht, wer mit dem einen Finger auf andere zeigt, auf den weisen zugleich drei Finger derselben Hand zurück.

Merz ist durchaus von sich überzeugt und, was Kritik angeht, mindestens so empfindlich wie Habeck. Bei dem empfindet er das als unangenehm. Ja, so kann man es sehen. Eine Form von Selbstkritik spricht daraus nicht.

„So wie er sich verabschiedet hat, muss ich sagen, so möchte ich es bei politischen Freunden nicht sehen und so möchte ich es auch bei mir nicht sehen.“ Sagt Friedrich Merz. Wir werden sehen.

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