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Mit 49 Euro durch die Region: Wie geht es mit dem Deutschlandticket weiter?
Das Angebot kommt gut an: Seit Mai gilt das 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr bundesweit. Doch hat es auch eine Zukunft? Drei Experten schätzen die Lage ein.
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Wie schon das Neun-Euro-Ticket soll auch das Deutschlandticket die Bürgerinnen und Bürger angesichts der stark gestiegenen Energiepreise finanziell entlasten. Gleichzeitig soll es die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs deutlich erhöhen, einen Anreiz zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn setzen – und somit dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen.
Doch wie geht es nun mit dem Deutschlandticket weiter? Drei Experten geben ihre Einschätzung ab. Alle Folgen der Serie „3 auf 1“ lesen Sie hier.
Ein langfristiges Finanzierungskonzept fehlt
Das Deutschlandticket wird bleiben – auch wenn bisher ein langfristiges Finanzierungskonzept fehlt. Zu groß wäre die Blamage für die Ampel und Verkehrsminister Volker Wissing, die das bundesweite Flatrate-Ticket als einen der größten verkehrspolitischen Erfolge der laufenden Legislatur feiern, das über die Landesgrenzen hinaus für viel Beachtung gesorgt hat.
Gleichzeitig zeichnet sich ab: Die Kosten werden über den bisher bis Ende 2025 vereinbarten drei Milliarden Euro jährlich liegen, die sich Bund und Länder teilen wollen. Ganz gesichert ist die Finanzierung nur dieses Jahr. Die Folge: Der Preis wird in den kommenden Jahren voraussichtlich steigen und die 50-Euro-Marke überschreiten. Um Kosten zu sparen, wird der ÖPNV-Ausbau in schlecht angebundenen Regionen in die Zukunft verschoben. Bund und Länder werden regelmäßig darüber streiten, wer für die Einnahmeausfälle aufkommt – solange der ÖPNV nicht grundlegend reformiert wird. Oder ernsthaft diskutiert wird, wie sinnvoll das Ticket unter diesen Voraussetzungen ist.
Ein Stopp des Angebotes ist kaum denkbar
Bei der Einführung des 49-Euro-Tickets wurde die Finanzierung zwischen Bund und Ländern nur provisorisch vereinbart. Der Bund beteiligt sich bis 2025 mit 1,5 Milliarden Euro jährlich, für 2023 trägt er die Hälfte der Kosten. Die tatsächlichen Kosten werden höher liegen, vor allem durch die zusätzlichen Subventionen für bestimmte Kundengruppen.
In der Öffentlichkeit ist das Ticket populär. Dabei ist die Verlagerungswirkung gering, die knappen Steuermittel sollten lieber in den Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur gesteckt werden. Da die Verkehrspolitiker von Bund und Ländern das Angebot massiv unterstützt haben, ist ein Stopp des Angebotes kaum denkbar.
Im November werden Bund und Länder eine große Finanzverhandlung zu Flüchtlingen und Heizungen führen, dabei werden die Länder vom Bund weitere Mittel für das 49-Euro-Ticket verlangen. Zu erwarten ist ein Kompromiss, der die Kosten nicht vollständig abdeckt. Deshalb bereiten viele Aufgabenträger bereits Leistungskürzungen für die kommenden Jahre vor.
Alle Instrumente sollten an Effizienz und Markterfolg gekoppelt werden
Das Deutschlandticket ist ein großer Marketingerfolg für den ÖPNV und hat die Branche durcheinandergewirbelt: analoger Vertrieb wird digitalisiert, Tarifstrukturen vereinfacht, organisatorische Kleinstaaterei hinterfragt. Das Ticket ist gekommen, um zu bleiben. Auf die Verkehrswende einzahlen wird es nur, wenn ein attraktives Deutschlandangebot folgt, welches als Alternative zum Pkw genutzt werden kann.
Es ist nicht nur die Preisabsenkung, welche die Finanzierung verschärft. Zusätzlich sind enorme Mittel für Ausbau, Elektrifizierung und Personal notwendig. Hierfür sollten die Länder deutlich mehr eigenes Geld bereitstellen und gemeinsam Instrumente für die Nutznießerfinanzierung einführen. Viele Kommunen müssen sich stärker mit eigenen Haushaltsmitteln beteiligen. Der Bund muss die Valorisierung der Mittel zusichern und für Planungssicherheit sorgen. Alle Instrumente sollten an Effizienz und Markterfolg gekoppelt werden, auch um den Wildwuchs bei zahlreichen Förderlinien einzudämmen.
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