Politik: Montenegro trennt sich allmählich von Jugoslawien
Ist das der Auslöser für den nächsten Krieg in Ex-Jugoslawien? Muss Deutschland mit neuen Flüchtlingsströmen rechnen, und wird nun auch noch die D-Mark unter der Balkan-Krankheit leiden?
Ist das der Auslöser für den nächsten Krieg in Ex-Jugoslawien? Muss Deutschland mit neuen Flüchtlingsströmen rechnen, und wird nun auch noch die D-Mark unter der Balkan-Krankheit leiden? Montenegro, die letzte bei Serbien verbliebene Republik Ex-Jugoslawiens, hat sich von der gemeinsamen Währung Dinar losgesagt und die D-Mark als Parallelwährung eingeführt - mit dem weit realistischeren Umtauschkurs von 1 zu 17, während das inflationsgeplagte Serbien weiter 1 zu 6 rechnet. Die Abspaltung rückt damit einen großen Schritt näher, auch wenn die Regierung noch zögert.
Verständlicherweise. Drei andere Republiken haben ihr Drängen nach Unabhängigkeit teuer bezahlt. Belgrad beantwortete die Loslösung postwendend mit Krieg: erst in Slowenien, dann in Kroatien, schließlich in Bosnien-Herzegowina - obwohl die jeweilige Bevölkerung die Souveränität in Volksabstimmungen mit überwältigenden Mehrheiten legitimiert hatte. Das gleiche Schicksal erlitten die Albaner im Kosovo. Müssen nun auch die Montenegriner zittern?
Ginge es nach Slobodan Milosevic, müssten sich die Bewohner der Schwarzen Berge auf ein ähnliches Strafgericht gefasst machen. Für Serbiens Diktator waren die Souveränitätsbestrebungen der südslawischen Brüder stets ein willkommener Anlass, um die Unzufriedenheit über die desolate Lage in Serbien auf einen äußeren Feind zu lenken, ehe diese ihm selbst gefährlich werden konnte. Auch mit Montenegro hat er das versucht, als die Republik, die in den ersten Kriegen noch zu Serbien gestanden hatte, sich aus dem Kosovo-Konflikt heraushielt - und dafür von Nato-Bomben verschont blieb. Er würde es wieder tun - wenn er könnte.
Doch Montenegros Präsident Milo Djukanovic peilt die Unabhängigkeit in vielen kleinen Schritten an und bietet so weniger Anlass zum Dreinschlagen. Zudem geht er geschickt vor. Die Währungsentscheidung gab er einen Tag vor seiner Reise nach Washington bekannt - um Belgrad zu demonstrieren, dass er die politische Rückendeckung der größten Militärmacht genießt. Von seiner Rüstung her ist Belgrad auch nach dem verlorenen Waffengang im Kosovo noch in der Lage, das weit kleinere Montenegro zu besiegen, das keine eigene Armee, sondern nur Polizeitruppen hat. Aber dass sich die demoralisierte serbische Armee dazu hergibt, dass die Bevölkerung einen weiteren Krieg mitträgt, ist doch eher zweifelhaft.
So dürfte Montenegro nach Mazedonien zum zweiten Beispiel der friedlichen Trennung einer Republik Ex-Jugoslawiens werden. Neue Kriegsflüchtlinge vom Balkan haben die Deutschen dann nicht zu befürchten. Und um die Stärke der D-Mark müssen sie sich schon gar keine Sorgen machen. Die ist auf dem ganzen Balkan schon seit Jahren das tatsächliche Zahlungsmittel. In Montenegro wurde nur besiegelt, was längst ohne Schaden für Deutschland funktioniert. Milosevic aber hat mit seiner Politik auch das letzte Band Ex-Jugoslawiens zertrennt. Ihm bleibt, was er verdient: nichts.