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Russland präsentiert seine strategischen Atomwaffen auch während der Militärparade in Moskau.

© Yuri Kochetkov/epa/dpa

Moskaus nächste Finte: Will Putin wirklich die atomare Rüstungskontrolle?

Seht her, wie friedliebend wir Russen sind – das will der Kreml suggerieren. Wer’s glaubt. Aber er kann es ja beweisen und den „New-Start“-Vertrag mit den USA verlängern.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Wladimir Putin – will er wirklich den „New-Start“-Vertrag mit den USA zur Kontrolle von Atomwaffen um ein Jahr verlängern? Er sagt es. Meint er es auch so? Wer’s glaubt.

Es wäre besser für die Welt, keine Frage. In diesem Vertrag bekennen sich Russland und die USA zur Verringerung strategischer nuklearer Systeme. Er schreibt vor, dass die Vertragspartner die Zahl ihrer atomaren Sprengköpfe auf maximal 1550 und die Zahl nuklearer Träger auf 800 reduzieren, von denen dann auch höchstens 700 im Einsatz sein dürfen.

2026 würde der Vertrag auslaufen. Putins Schritt kommt überraschend. Russlands hatte immer wieder den USA den Vorwurf gemacht, sie wollten gar nicht an dem Abkommen festhalten. Allerdings wurde es von Joe Biden als Präsident 2021 um fünf Jahre verlängert. Ursprünglich geschlossen hatten den Vertrag 2010 die damaligen Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedew.

Ja, einmal Agent, immer Agent

Stephan-Andreas Casdorff über Wladimir Putin

Das ist jetzt bestimmt wieder so eine der Finten von Putin: Seht her, wie friedliebend wir Russen sind! Und der Gegner soll dafür mit allem Negativen gekoppelt werden, damit sich die öffentliche Meinung weltweit gegen ihn wendet. Ja, einmal Agent, immer Agent.

Aber der Teufel steckt im Detail. Die USA wollten schon einmal nicht hinnehmen, dass die Kontrollen im Rahmen des Vertrags von Russland ausgesetzt wurden. Darum ist das unverhandelbar: Die Einhaltung muss per Satelliten- und Fernüberwachung und durch 18 Inspektionen am Ort pro Jahr gewährleistet sein. Nur gab es seit März 2020 keine Inspektionen mehr. Erst wegen Corona, dann wegen der Spannungen durch den Ukraine-Krieg.

Russland und die USA verfügen über etwa 90 Prozent der Atomsprengköpfe der Welt. Ein Krieg zwischen Atommächten muss unbedingt vermieden werden. Ohne Verträge wie „New Start“ könnten sich auch andere Staaten, die Atomwaffen besitzen, nicht mehr an Vereinbarungen gebunden fühlen: den Sperrvertrag und die Übereinkunft zur Nichtverbreitung. Mit der Folge, dass am Ende noch mehr Staaten nach der Bombe streben – kein gutes Ende.

Wenn er es doch bloß ernst meinte. Wer’s glaubt. Die Vorbehalte sind groß. Putin hat mehrmals – mindestens indirekt – mit dem Einsatz atomarer Waffen gedroht, sollte sein Land in der Ukraine ins Hintertreffen geraten. Das muss er ausräumen. Und dann als erster die Verlängerung von „New Start“ unterschreiben. Die Zeit läuft. Das Vertragsende ist nur wenige Monate entfernt!

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