Politik: Nach Angriff auf Irak: Deutschland bleibt zurückhaltend
Die Bundesregierung ist äußerst besorgt über die Gesamtentwicklung im Nahen Osten. Mit dieser Botschaft ist Außenminister Joschka Fischer in seine Gespräche mit der neuen US-Administration in Washington eingetreten.
Die Bundesregierung ist äußerst besorgt über die Gesamtentwicklung im Nahen Osten. Mit dieser Botschaft ist Außenminister Joschka Fischer in seine Gespräche mit der neuen US-Administration in Washington eingetreten. Sowohl die Lage im Irak als auch die anhaltenden Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern zeigten, dass die gesamte Region außerordentlich instabil sei, hieß es aus Delegationskreisen. Die entscheidende Frage sei, ob und wie sich eine Eskalation der Gewalt verhindern lasse. Weder die Vereinigten Staaten noch die Europäische Union dürften in ihren Bemühungen um den Friedensprozess im Nahen Osten nachlassen.
Fischer vermied es, sich vor Beginn seiner Gespäche zu den jüngsten Angriffen der Amerikaner und Briten auf irakische Radarstellungen in der Nähe von Bagdad zu äußern. Welche Haltung die deutsche Regierung dazu einnehmen wird, deutete sich allerdings an. Man wolle alles vermeiden, was sich als offene Kritik interpretieren ließe, hieß es, aber man wolle auch nicht in den "Hurra-Patriotismus eines ehemaligen Verteidigungsministers" einstimmen. Insbesondere Volker Rühe hatte die Raketenangriffe ausdrücklich unterstützt.
Dagegen hat sich Bundespräsident Johannes Rau nach einem Bericht der Deutschen Presseagentur distanziert zum amerikanisch-britischen Bombenangriff auf Ziele im Irak geäußert. "Ich halte jede militärische Auseinandersetzung für falsch und für vermeidbar", sagte Rau am Dienstag in Jakarta auf Fragen von Abgeordneten des indonesischen Parlaments. Konflikte müssten vorher gelöst werden. In der Vergangenheit habe sich aber oft gezeigt, dass dies nicht gelinge. Eine militärische Auseinandersetzung könne nur das letzte Mittel sein.
Das Themengeflecht Nahost-Irak überlagert den dreitägigen Fischer-Besuch in Washington. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass das irakische Regime "mit barbarischen Mitteln" Minderheiten unterdrückt habe und bis heute hartnäckig versuche, an Massenvernichtungswaffen heranzukommen, hieß es. Das müsse, notfalls von Außen, kontrolliert werden. Erforderlich sei allerdings ein politisches Gesamtkonzept für die ganze Region. US-Außenminister Colin Powell wird in einigen Tagen in mehrere Länder des Nahen Ostens reisen. Bislang hat die Bush-Administration zu verstehen gegeben, dass sie die Politik Bill Clintons, sich hauptsächlich auf den israelisch-palästinensischen Konflikt zu konzentrieren, nicht fortsetzen will.
Zudem wird Fischer über die amerikanischen Pläne für ein Raketenabwehrsystem (NMD) reden. In dieser Frage hat sich die Bundesregierung deutlich auf die Amerikaner zubewegt. Allerdings dürfe NMD nicht zu einem regionalen Rüstungswettlauf zwischen China, Indien und Pakistan führen, heißt es. Besonders wichtig sei der Atomteststopp-Vertrag, den die USA bislang nicht ratifiziert haben.