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Müssen "People of Colour" auch die deutsche Polizei fürchten? Darüber streitet nun die Politik.

© Fabrizio Bensch/REUTERS

Nach den weltweiten Demonstrationen: Streit um Rassismus in der deutschen Polizei

Nach den Protesten gegen den Tod von George Floyd werden Unterschiede zwischen den deutschen Parteien sichtbar. Eine Debatte beginnt. 

Von Hans Monath

Sind in der deutschen Polizei die gleichen Probleme mit Rassismus und Gewalt zu finden wie in den USA? Darüber ist vor dem Hintergrund der weltweiten Proteste nach dem Tod des schwarzen US-Bürgers George Floyd nun eine politische Debatte entbrannt. Die Parteien des linken Spektrums fordern, gegen strukturellen oder latenten Rassismus in der deutschen Polizei vorzugehen. CDU, FDP und AfD warnen dagegen vor pauschalen Schuldzuweisungen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies die Behauptung zurück, in der deutschen Polizei gebe es latenten Rassismus.

SPD-Chefin Saskia Esken verlangt eine unabhängige Aufarbeitung von Gewalt und Rassismus bei der Polizei. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der polizeiliche Korpsgeist spiele eine größere Rolle als die Rechte von Bürgern, sagte sie der Funke Mediengruppe. Eine unabhängige Stelle müsse Beschwerden bearbeiten. Eine ähnliche Forderung erhob der Linken-Abgeordnete Lorenz Gösta Beutin. „Wir haben auch in Deutschland ein Problem“, sagte er.

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Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic verwies darauf, dass ihre Fraktion einen Gesetzentwurf für einen Polizeibeauftragten in den Bundestag eingebracht hat. Sie forderte nun Zustimmung von der SPD: „Den Worten der SPD-Vorsitzenden müssen jetzt Taten folgen.“

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach sich gegen „pauschale Schuldzuweisungen“ an die Polizei aus und forderte „eine differenzierte Debatte statt Pauschalurteile“. Im Verhältnis zur Polizei sei „eine Kultur des Miteinanders statt eine Kultur des Misstrauens geboten“. Für die CDU stehe außer Frage, dass Rassismus überall konsequent bekämpft werden müsse. „Wer jedoch die Diskussion über Rassismus in der Polizei in den Vereinigten Staaten eins zu eins auf Deutschland überträgt, befeuert undifferenzierte Pauschalurteile über unsere Sicherheitskräfte“, warnte Ziemiak.

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Zuerst gelte es, Polizisten Vertrauen entgegenzubringen und dankbar zu sein, dass sie im Dienst für Deutschland täglich den Kopf hinhielten. Er fordere von allen demokratischen Kräften, „dass wir für mehr gesellschaftliche Akzeptanz und für Vertrauen in die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten eintreten“. Das Antidiskriminierungsgesetz des rot-rot-grünen Berliner Senats sei leider das Gegenteil davon.

Auch der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, attackierte Esken. Wenn sie der gesamten Polizei Rassismus vorwerfe, sei das „ein fatales Signal des Misstrauens, das Ansehen und Motivation der Polizei schadet und Vertrauen in sie untergräbt“, schrieb er auf Twitter. Der Berliner AfD-Politiker Georg Pazderski riet Esken wegen ihres Vorschlags ebenfalls auf Twitter, sie solle sich „einmal auf ihre Demokratietauglichkeit untersuchen lassen“.

Forderungen nach einer unabhängigen Beschwerdestelle gab es in der Vergangenheit wiederholt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums äußerte sich am Montag „eher skeptisch, was eine zentrale Stelle dieser Art angeht“. Er verwies auf die föderale Struktur der Polizei. Bei der Bundespolizei, die dem Innenministerium untersteht, gebe es eine externe Beschwerdestelle, bei der sich Betroffene melden können, sowie eine Vertrauensstelle, bei der Beamte selbst auch anonym Hinweise auf Fehlverhalten geben können. Rassismusvorwürfe bei der Bundespolizei seien „Einzelfälle“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies einen Generalverdacht gegen deutsche Beamte zurück. Es gebe keinen Anlass, „einen Zusammenhang mit der deutschen Polizei zu konstruieren“, erklärte ihr Vizechef Dietmar Schilff. Bei Rassismus gebe es eine klare Haltung. „Da müssen Konsequenzen erfolgen, und das ist auch schon geschehen.“ Der Polizei und ihren Beschäftigten aber eine solche Grundhaltung zu unterstellen, sei „abwegig und trägt populistische Züge“. Die GdP hatte Esken schon im Januar kritisiert, nachdem diese die Untersuchung eines umstrittenen Polizeieinsatzes in Leipzig gefordert hatte.

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