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Altbundespräsidenten Horst Köhler ist im Alter von 81 Jahren gestorben.

© dpa/Patrick Seeger

Update

Nach kurzer schwerer Krankheit: Früherer Bundespräsident Horst Köhler ist tot

Köhler, der von 2004 bis 2010 im Amt war, starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren. Der amtierende Bundespräsident Steinmeier würdigt ihn als „einen Glücksfall für unser Land“.

Stand:

Der frühere Bundespräsident Horst Köhler ist tot. Er starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Köhler war am 23. Mai 2004 zum Staatsoberhaupt gewählt und fünf Jahre später im Amt bestätigt worden. Am 31. Mai 2010 trat er jedoch überraschend zurück.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Gestorbenen in einem Kondolenzschreiben an seine Witwe Eva Luise Köhler als „einen Glücksfall für unser Land“. Er betonte: „Wir können nur zutiefst dankbar sein, dass wir Horst Köhler als neunten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland erleben durften. Er hat diesem Land viel gegeben.“

Köhler war erster Bundespräsident ohne Parteibuch

Mit Köhler übernahm erstmals kein Parteipolitiker das höchste Amt im Staat. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hatte 1976 eine Beamtenlaufbahn im Bundeswirtschaftsministerium begonnen und wurde 1990 nach verschiedenen anderen Stationen Staatssekretär im damals von Theo Waigel (CSU) geführten Bundesfinanzministerium. Köhler war unter anderem deutscher Chefunterhändler für den Maastricht-Vertrag über die Europäische Währungsunion.

1993 wechselte er in die Finanzwelt, zunächst als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, dann als Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London. 2000 wurde er Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Köhler trat nur ein Jahr nach Wiederwahl zurück

2004 wurde Köhler als Nachfolger von Johannes Rau neunter Bundespräsident. 2009 wählte ihn die Bundesversammlung erneut. Sein Rücktritt mit sofortiger Wirkung nur ein Jahr später war einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik.

Auslöser war ein Interview im Deutschlandradio Kultur, das Köhler auf dem Rückflug nach einem Besuch deutscher Soldaten im afghanischen Masar-i-Scharif gegeben hatte. Darin begründete er Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen. Kritiker warfen ihm vor, er habe so auch den Afghanistan-Einsatz gerechtfertigt, was Köhler dementierte. Er sah durch die Kritik sein Amt irreparabel beschädigt und zog die Konsequenzen.

Innenpolitisch sorgte Köhler immer wieder für Überraschungen – und für Unmut im Regierungslager. So weigerte er sich 2006, erst das Gesetz zur Privatisierung der Luftraumüberwachung und später das Verbraucherschutzgesetz zu unterzeichnen. Verfassungsrechtlich heikel war die Entscheidung 2005, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Zuvor hatte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage mit dem Ziel gestellt, diese zu verlieren.

Afrika war seine große Leidenschaft

Auf internationaler Ebene befasste sich Köhler vor allem mit Afrika, schon als IWF-Chef und noch mehr anschließend als Bundespräsident. Beharrlich warb er für eine gleichberechtigte Partnerschaft mit dem Nachbarkontinent. Diesem blieb er auch nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt treu - unter anderem als UN-Sonderbeauftragter für den Westsahara-Konflikt von 2017 bis 2019.

Zu aktuellen innenpolitischen Fragen äußerte sich Köhler nach seinem Rücktritt so gut wie nicht mehr. Dass ihm der Klimaschutz ein wichtiges Anliegen war, zeigte er 2021, als er die Schirmherrschaft für den ersten bundesweiten Bürgerrat für Klimapolitik übernahm. Eine Stiftung, die Köhler und seine Frau ins Leben riefen, fördert die Forschung zu Seltenen Erkrankungen.

Es waren auch seine oft klaren und längst nicht immer bequemen Mahnungen und Ansprachen, die ihm Anerkennung brachten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Bundespräsident Steinmeier erinnerte in seinem Kondolenzschreiben daran, dass Köhler bei seiner Wahl zum Staatsoberhaupt 2004 einer größeren Öffentlichkeit nahezu unbekannt gewesen sei, sich aber schnell viel Anerkennung und Sympathie erworben habe.

„Es waren vor allem seine Zugewandtheit, sein ansteckendes Lachen und sein Optimismus, es waren sein Glaube an die Stärke unseres Landes und an die Energie und die Kreativität seiner Menschen, die ihn so viele Herzen gewinnen ließen“, schrieb Steinmeier. „Es waren aber auch seine oft klaren und längst nicht immer bequemen Mahnungen und Ansprachen, die ihm Anerkennung brachten.“ Köhler habe sich „vielfach um unser Land verdient gemacht“.

Steinmeier hob Köhlers Eintreten für einen fairen Umgang mit Afrika hervor – „dem Kontinent, dem sein Herz gehörte und den er so gut kannte“. Köhler sei zutiefst überzeugt gewesen, dass Europa seine kolonialen Denkmuster ablegen und die afrikanischen Länder als gleichberechtigte Partner behandeln müsse, um gemeinsam mit ihnen globale Herausforderungen anzupacken. „Damit war er der Zeit weit voraus“, schrieb Steinmeier.

Merz würdigt Köhler als „klugen Kopf“

Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte Köhler als „einen engagierten Politiker, der sich Zeit seines Lebens für eine gerechtere Welt eingesetzt hat“, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X.

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Auch CDU-Chef Friedrich Merz würdigte Köhler. „Horst Köhler hat diesem Land mit Anstand, Klarheit und großer Leidenschaft gedient“, schrieb Merz auf der Plattform X.

Der frühere Bundespräsident habe in der Finanzpolitik, in der internationalen Zusammenarbeit und in der Verantwortung Deutschlands in der Welt wichtige Impulse gesetzt. Deutschland verliere mit seinem Tod einen „klugen Kopf, einen aufrichtigen Demokraten und einen Staatsmann, der unser Land geprägt hat“. Sein Weitblick und sein Engagement werden fehlen, betonte Merz. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.“

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dessen „optimistische und unerschrockene Herangehensweise“ gewürdigt. Diese habe auch ihr häufig dabei geholfen, Lösungen auch für schwierige Probleme zu finden, teilte die CDU-Politikerin mit. „Horst Köhler hat sich um Deutschland verdient gemacht. Seine Stimme wird mir fehlen.“ Merkel hob zudem Köhlers Engagement in Afrika hervor, er habe sich „mit ganzer Kraft für eine gerechte Entwicklung der Länder Afrikas“ eingesetzt.

Für Vizekanzler Robert Habeck war Köhler ein Mann, „der mit klarem Kompass und großer Menschlichkeit für unser Land gestanden hat.“ Sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit und internationale Verantwortung auch über sein Amt hinaus – insbesondere für Afrika und eine gerechte Weltwirtschaft – bleibe ein Vermächtnis.

„Gerade in einer Zeit, in der globale Krisen, soziale Spaltung und wirtschaftliche Unsicherheit uns fordern, erinnert uns sein Wirken daran, dass Politik Mut, Weisheit und Haltung braucht“, erklärte Habeck. „Wir trauern um einen aufrichtigen Demokraten und warmherzigen Menschen, dessen Stimme über Parteigrenzen hinweg Gehör fand.“

FDP-Chef Christian Lindner würdigte den verstorbenen früheren Bundespräsidenten als feinsinnigen Diener des Staates. „Als Bundespräsident hat er früher als andere erkannt, dass es einen breiteren Diskurs über die sicherheitspolitischen Interessen unseres Landes braucht“, sagte Lindner. Köhler sei für freien Welthandel und sichere Handelswege eingetreten. „Damals wurde er dafür diffamiert. Heute erkennen wir seine Weitsicht“, sagte Lindner.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeigte sich vom Tod Köhlers betroffen. „Als Bundespräsident, aber auch als Staatssekretär und Spitzen-Ökonom sorgte er für die Menschen und ein herausragendes Ansehen Deutschlands in der Welt“, sagte Söder.

Köhler habe sich durch Seriosität, hohe Empathie und Klarheit ausgezeichnet. „Er war stets ehrlich und ehrenwert und dabei nicht immer bequem“, sagte Söder. „Aber er hatte stets das Beste für Land und Menschen im Blick“, betonte der CSU-Chef. „Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden der Trauer bei seiner Familie und allen Angehörigen.“ (dpa)

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