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Politik: Nach Steuererhöhung weniger Raucher

Drogenbericht: 120000 sterben pro Jahr durch Tabakkonsum / Nur noch eingeschränkte Werbung erlaubt

Berlin - Mit der Erhöhung der Tabaksteuer hat die Bundesregierung nach Ansicht der Drogenbeauftragten einen „klaren gesundheitspolitischen Erfolg“ erzielt. Zahlreiche Menschen hätten nach den ersten beiden Stufen mit dem Rauchen aufgehört, sagte Marion Caspers-Merk (SPD) bei der Vorlage des Drogenberichts 2004. 7,9 Prozent der Raucher hätten nach der ersten Steuererhöhung am 1. März 2004 von ihrer Sucht gelassen, im Dezember seien es erneut 7,5 Prozent gewesen.

An den Folgen des Rauchens sterben dem Bericht zufolge aber noch immer täglich mehr als 300 Menschen in Deutschland, bis zu 120 000 sind es im Jahr. Und die volkswirtschaftlichen Schäden durch das Rauchen sind laut Caspers-Merk „deutlich höher“ als die Steuereinnahmen. Es gebe noch viel zu tun, sagte die SPD-Politikerin. So rauchten in Deutschland 20 Prozent der Schwangeren, in Skandinavien seien es nur zehn Prozent. Caspers-Merk kündigte an: „Ich möchte mich an der Raucherquote messen lassen.“

Weil die Einnahmen aus der Tabaksteuer im letzten Jahr zurückgegangen sind, ist die dritte Erhöhung am 1. September um 1,2 Cent pro Zigarette in der rot-grünen Koalition umstritten. Das Finanzministerium will noch vor der Sommerpause einen Bericht zur Entwicklung der Tabaksteuereinnahmen vorlegen. Danach wollen die Haushaltspolitiker ihr Votum abgeben. „Die nächste Stufe wird nicht kippen“, prophezeit die Grünen-Gesundheitspolitikerin Biggi Bender. „Wir wären vom wilden Affen gebissen, wenn wir die gesundheitspolitischen Erfolge gefährden“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Nach dem Willen der Regierung darf künftig nur noch sehr eingeschränkt für Tabakprodukte geworben werden. Das Werbeverbot gilt in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, Internet und bei Veranstaltungen wie Sportwettkämpfen. Damit setzt die Regierung eine EU-Richtlinie um. Vertreter der Zigaretten- und Werbewirtschaft sowie des Handels protestieren dagegen. Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) ist hingegen für ein generelles Werbeverbot. Zigaretten seien gefährlich und kein Gut wie jedes andere, sagte DHS-Geschäftsführer Rolf Hüllinghorst dem Tagesspiegel. „Waffen dürfen auch nicht beworben werden.“ Caspers-Merk hält dies jedoch für verfassungsrechtlich problematisch, da Zigaretten legale Produkte seien. Ein Werbeverbot allein sei auch kaum wirksam, wie das Beispiel anderer EU-Staaten zeige. Nötig sei ein Maßnahmenbündel – von der Preispolitik bis zur Prävention.

Caspers-Merk kündigte für dieses Jahr eine Kampagne in Krankenhäusern an. In nur 50 von 2000 Kliniken in Deutschland sei bisher das Rauchen verboten, 40 Prozent des Pflegepersonals und 20 Prozent der Ärzte griffen zur Zigarette. Der Klinikärzteverband Marburger Bund forderte ein Rauchverbot in allen Kliniken. „Rauch gehört nicht ins Krankenhaus, und die Ärzte haben eine Vorbildfunktion“, sagte Verbandschef Frank Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Ausnahmen dürfe es lediglich für Kranke geben, wenn der Nikotinentzug zu Störungen des Heilungsprozesses führe.

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