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Nachfolger von Mützenich: SPD-Fraktion wählt Klingbeil zu neuem Vorsitzenden
Nach der krachenden Wahlniederlage schrumpft die SPD-Fraktion zusammen. Den Vorsitz übernimmt nun Lars Klingbeil. Trotz 86 Prozent Zustimmung spricht er von einem „starken Mandat“.
Stand:
Er war erst Generalsekretär, später Parteichef. Jetzt ist er zusätzlich noch Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion – trotz der krachenden Wahlniederlage am vergangenen Sonntag.
Lars Klingbeil wurde am Mittwoch von der neuen Fraktion der Sozialdemokraten als Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden Rolf Mützenich gewählt.
In der Fraktionssitzung haben 95 Abgeordnete für Klingbeil gestimmt. 13 Personen sprachen sich gegen ihn aus, drei enthielten sich ihrer Stimme, zwei Stimmen waren ungültig. Die Zustimmung für Klingbeil liegt demnach bei 85,6 Prozent. Zum Vergleich: Sein Vorgänger Rolf Mützenich wurde stets mit deutlich größerem Rückhalt gewählt: Mützenich hatte 97,7 Prozent (2019), 97,1 Prozent (2021) und 94,7 Prozent (2023) der Stimmen erhalten.
Klingbeil spricht von „ehrlichem Ergebnis“
„Ich habe mit dem Votum von heute ein starkes Mandat für die Verhandlungen“, sagte der frisch gewählte Fraktionschef nach der Sitzung. Klingbeil sprach von einem „ehrlichen Ergebnis“. In der Sitzung habe man gemerkt, dass der Sonntag den Abgeordneten noch in den Knochen stecke. Klingbeil trat gut 40 Minuten später vor die Presse als geplant, anders als sonst üblich, mit Krawatte.
Die neue Bundestagsfraktion besteht aus 120 Abgeordneten. „Wir sind aufgestellt“, sagte Klingbeil. Es gebe sehr unterschiedliche Perspektiven, etwa in Bezug auf Alter, Herkunft oder Geschlecht der Fraktionsmitglieder. „Wir sind eine vielfältige Truppe.“ Das wolle er auch nach außen zeigen.
Mit Friedrich Merz hat Klingbeil verabredet, zeitnah Gespräche führen zu wollen. Der SPD-Partei- und Fraktionschef soll eine führende Rolle in den Gesprächen mit der Union über eine Regierungsbildung einnehmen. Zum Zeitplan für Koalitionsverhandlungen machte er keine konkreten Angaben. Dem CDU-Chef zufolge gab es bereits am Montag ein erstes Telefonat mit „dem Parteivorsitzenden“, wie Merz auf einer Pressekonferenz sagte. Die SPD-Co-Parteichefin Saskia Esken sagte am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Bisher hat sich Herr Merz bei mir noch nicht gemeldet.“
Klingbeil ohne Gegenkandidat gewählt
Rolf Mützenich hatte nach der Wahlniederlage seiner Partei am Sonntag seinen Rückzug angekündigt. Der 65-Jährige hat die Fraktion für fünf Jahren und fünf Monate geleitet. Lars Klingbeil war nun der einzige Kandidat für den Posten. Der 47-jährige Niedersachse war am Wahlabend wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale vom Parteipräsidium vorgeschlagen und einen Tag später einstimmig vom Fraktionsvorstand nominiert worden.
Bei den Mitgliedern sowie im Vorstand einzelner Landesverbände löste dieses Vorgehen teil deutliche Kritik aus. „Bei unserer Parteibasis kam es überhaupt nicht gut an, dass der Parteivorsitzende im Moment der bittersten Niederlage zunächst einen Spitzenposten mit sich selbst besetzt“, sagte zum Beispiel der Bremer SPD-Landeschef Falk Wagner dem Tagesspiegel. Auch die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) forderte programmatische wie personelle Änderungen nach der Wahlniederlage.
Die älteste Partei Deutschlands hat am Sonntag ihr schlechtestes Ergebnis bei einer nationalen Wahl seit 1887 eingefahren. Die SPD war bei der Wahl von 25,7 auf 16,4 Prozent abgestürzt und ist nur noch drittstärkste Partei hinter Union und AfD. Die Fraktion schrumpft von 207 auf 120 Abgeordnete. (mit dpa)
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