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Politik: Nachrichten für den König

Saudi-Arabien steht offiziell zu Washington, doch die Presse darf Amerikas „Barbarei“ anprangern

Gradmesser für die Stimmung in Saudi-Arabien ist die Presse. In dem Königreich, das ein enger Alliierter der USA ist, finden sich in der staatlich kontrollierten Presse seit Beginn der amerikanisch-britischen Invasion Iraks bitterste Angriffe auf die USA. Die Tageszeitung „Al Riad" warf den USA „Barbarei" vor, andere Blätter loben den „heroischen" Widerstand der Iraker. In den Freitagsmoscheen wird teilweise gegen die Invasion gepredigt und das Versagen der arabischen Welt angeprangert.

Westliche Beobachter in Riad finden die offene Kritik an den USA bemerkenswert, weil es dies vorher in dieser scharfen Form nicht gegeben habe. Es scheint, als ob die Regierung diese Kritik als Ventil zulässt, damit der Ärger sich nicht gegen das eigene Königshaus richtet, das immerhin etwa 10 000 US-Soldaten im Lande beherbergt. Das sind doppelt so viel wie üblich. Das Regime betont immer wieder, dass diese Soldaten nicht am Krieg gegen den Irak beteiligt seien. Offenbar werden diese Angaben öffentlich nicht infrage gestellt – anders als beispielsweise in Jordanien. Man konzentriert sich auf die Kritik am Alliierten USA, was indirekt auch als Kritik am eigenen Regime verstanden werden kann. So hat der Kriegsausbruch eine größere Redefreiheit beschert, überall wird politisch diskutiert. Demonstrationen blieben allerdings verboten. Bezeichnend war die Petition, die 120 saudische Intellektuelle und Künstler am 15. März an Präsident George W. Bush richteten. Darin verurteilten die Unterzeichner Amerikas unilaterales Vorgehen, forderten aber gleichzeitig mehr Freiheit und Demokratie für die arabische Welt. Eine Einladung des US-Botschafters in Riad zu einem Gespräch über die Petition lehnten die Unterzeichner ab. Der Augenblick sei unangemessen, hieß es.

Auch wenn das Regime sich offiziell nicht am Krieg gegen den Irak beteiligt – macht es doch keinen Hehl daraus, dass es Saddam Hussein zumindest Mitschuld am Krieg gibt. Zuletzt am Montag forderte Außenminister Saud al Faisal den irakischen Führer in einem Interview mit dem US-Sender ABC News zum Rücktritt auf, um seinem Land mehr Leid zu ersparen. Riads vergangene Woche vorgetragene „generelle Ideen" für einen Waffenstillstand wurden wie nicht anders erwartet von beiden Seiten sogleich abgelehnt. Jetzt scheint Saudi-Arabien nach vorne zu schauen und mit der Rücktrittsforderung an Saddam Punkte bei den Amerikanern machen zu wollen. Denn Riad will auf die Nachkriegsordnung Einfluss nehmen: Nichts fürchten die Saudis mehr, als ein schiitisch geführtes Regime im Nachbarland.

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