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Politik: Nahostkonflikt und die Folgen: "Es gibt keinen Antisemitismus in Frankreich"

Jüdische Einrichtungen in Frankreich sind am Wochenende Ziel von Anschlägen geworden, die offenbar im Zusammenhang mit dem Konflikt im Nahen Osten stehen. Premierminister Lionel Jospin versprach umgehend, mehr Polizisten zum Schutz der Synagogen abzustellen.

Jüdische Einrichtungen in Frankreich sind am Wochenende Ziel von Anschlägen geworden, die offenbar im Zusammenhang mit dem Konflikt im Nahen Osten stehen. Premierminister Lionel Jospin versprach umgehend, mehr Polizisten zum Schutz der Synagogen abzustellen. Zugleich wehrte sich Jospin gegen den Vorwurf, den Antisemitismus in Frankreich unterschätzt zu haben. Manek Weintraub ist Mitglied des Exekutivrats der Crif, eines Dachverbandes jüdischer Einrichtungen in Frankreich. Außerdem ist Weintraub der Vorsitzende der französischen Sektion des jüdischen Weltkongresses.

Zum Thema Online Spezial: Nahost Fotostrecke: Der Nahe Osten zwischen Krieg und Friedensplänen Umfrage: Gehören Arafat und Scharon in den Ruhestand? Nach den ersten massiven Übergriffen auf jüdische Einrichtungen in Frankreich, zum Jahreswechsel beispielsweise der Brandanschlag auf die jüdische Schule in Créteil bei Paris, beharrten Sie darauf, es gäbe keinen Antisemitismus in Frankreich. Bleiben Sie dabei?

Ja, ich bleibe dabei. Es gibt keinen Antisemitismus. Es gibt antisemitische Übergriffe, die zudem an Intensität zugenommen haben. Es handelt sich dabei jedoch um einen Widerhall von Ereignissen aus dem Nahen Osten. Diese Übergriffe sind jetzt massiver geworden und verursachen eine gewisse Beunruhigung. Jean Kahn, der Präsident des Konsistoriums, der Vertretung der jüdischen Religion in Frankreich, sprach von einer Situation, die zu einer neuen Kristallnacht führen könnte. Diese Meinung teilen nur wenige in Frankreich, aber es zeigt, dass die Unruhe unter der jüdischen Bevölkerung größer wird.

Wer sind Ihrer Meinung nach die Randalierer, und welche Motive haben sie?

Zu 99 Prozent handelt es sich um die zweite und dritte Generation der nordafrikanischen Einwanderer, vor allem aus Algerien. Sie spielen so eine Art Revolution. Die stellen sich vor, dass sie irgendwo im Nahen Osten sind, und sie glauben damit solidarisch zu sein mit den Palästinensern. Wir sagen ihnen immer wieder, dass wir ihre Solidarität verstehen können. Wir sind schließlich auch solidarisch mit den Israelis. Aber uns bringt dies nicht dazu, Moscheen oder Koranschulen anzugreifen - das ist der Unterschied.

Reicht es aus, wenn die französische Regierung verspricht, jüdische Einrichtungen besser zu schützen? Oder wünscht sich die jüdische Bevölkerung in Frankreich eine intensivere politische Debatte?

Wir wollen keine politische Debatte. Das ist jetzt eine Sache der Sicherheit. Der Premierminister hat versprochen, dass er 1100 Polizeibeamte zu den Synagogen schicken will. Es gibt ungefähr 500 Synagogen im ganzen Land - das wären zwei Polizisten pro Synagoge. Das ist ein großer Fortschritt. Warum sollte es eine politische Debatte geben? Das Land ist bestimmt nicht antisemitisch.

Wie ist die Situation der jüdischen Bevölkerung in Frankreich?

Ich sehe da keine Probleme. Wir haben eine eine Vielzahl von jüdischen Einrichtungen, und das kulturelle Leben ist sehr lebendig. Nur etwa ein Viertel der jüdischen Bevölkerung ist religiös, die Mehrheit ist es nicht. Die Juden sind zu 100 Prozent integriert. Es ist alles in Ordnung. Das einzige Problem, das wir haben, ist der Wellenschlag, der aus dem Nahen Osten kommt. Das hat in Frankreich zu sehr gefährlichenErscheinungen geführt.

Ende April sind in Frankreich Präsidentschaftswahlen. Befürchten Sie, dass die jüngsten Anschläge auf Synagogen zum Wahlkampfthema werden?

Nein, das werden sie nicht. Ein großes Thema im Wahlkampf ist die mangelnde Sicherheit. Aber die betrifft die Gesamtbevölkerung. Es gibt Gegenden in Frankreich, in die sich die Polizei kaum zu gehen traut. Wenn wir den Behörden nun sagen, wir sind gefährdet, ist die Antwort: Ihr seid nicht die einzigen, irgendwie ist die ganze Bevölkerung in einem gewissen Maße gefährdet. Darauf sagen wir: Aber wir Juden sind noch zusätzlich mit besonderen Ausschreitungen konfrontiert. Und die möchten wir stoppen.

Nach den ersten massiven Übergriffen auf j&uu

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