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Protest mit Zwille. Ständig finden Demonstrationen gegen Siedlungen statt. Foto: AFP

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Politik: Netanjahus Juristen halten Siedlungen für legal

Israels Ministerpräsident hat das Gutachten verzögert: Es erklärt das Westjordanland für nicht besetzt.

Seit Wochen hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ein höchst brisantes Dokument unter Verschluss gehalten: Eine von ihm selbst im Januar eingesetzte Juristenkomission kommt darin zu dem Schluss, dass Israel das Westjordanland nicht besetzt hält. Der Siedlungsbau sei legal. Die Kommission empfiehlt, selbst die sogar nach israelischem Gesetz als illegal geltenden Siedlungsaußenposten zu legalisieren. Die israelischen Regierungen hätten „in gänzlich böser Absicht gehandelt“, indem sie den Siedlungsbau offiziell für illegal erklärt und ihn gleichzeitig gefördert hätten. Damit hätten sie ihr „stillschweigendes Einverständnis“ für die illegalen Bauten gegeben, zitierte die „Jerusalem Post“ aus dem Gutachten.

Nach Auffassung der hochkarätigen dreiköpfigen Juristenkomission unter dem ehemaligen Obersten Richter Edmund Levy sind Völkerrecht und Genfer Konventionen für das palästinensische Westjordanland nicht anwendbar. Im Schlussbericht zu den im In- und Ausland umstrittenen Außenposten, zu deren Räumung sich die Vorgängerregierungen gegenüber den USA verpflichtet hatten, argumentieren die Juristen so: Das Westjordanland sei bis zu dessen Eroberung durch Israel im Sechstagekrieg 1967 nicht Teil eines anderen Staates gewesen. Jordanien habe es nur besetzt und verwaltet. Das klassische Besatzungsrecht, „wie es in internationalen Konventionen festgelegt ist, ist nicht anwendbar für die einzigartigen und einmaligen historischen und legalen Umstände israelischer Präsenz in Judäa und Samaria über Dekaden hinweg“. Genau das Gleiche gelte für die Vierte Genfer Konvention von 1949 gegen den Transfer von Bevölkerungen. „Israelis haben das Recht in Judäa und Samaria anzusiedeln, und die Errichtung von Siedlungen kann nicht an sich als illegal angesehen werden.“

Die Siedlungsfrage ist einer der Hauptstreitpunkte in den auf Eis liegenden Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Aus Sicht der internationalen Gemeinschaft sind alle in besetzten Gebieten errichteten israelischen Bauten illegal – unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Baugenehmigung errichtet wurden.

Vor sieben Jahren hatte Talia Sasson von der Generalstaatsanwaltschaft einen ganz anderen Bericht geschrieben, der zu genau den gegenteiligen Schlussfolgerungen kam und deshalb insbesondere der aktuellen nationalkonservativen Regierung Netanjahu ein Dorn um Auge war. Der nun mit einiger Verzögerung dem ministeriellen Siedlungsausschuss übergebene 89 Seiten umfassende neue Report wird zwar erwartungsgemäß von der Siedlerführung und den Ministern des nationalistischen Flügels hochgelobt. Aber er wird auch heftig kritisiert und von der Opposition mit Hohn und Spott überzogen. Peace-now-Generaldirektor Jariv Oppenheimer bezeichnete den Report als „politisches Manifest“, das niemand auf der Welt ernst nehme. mit AFP

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