zum Hauptinhalt
 Der Plenarsaal des Bundestages

© Foto: imago/Christian Spicker

Neue Regeln für Bundestagsabgeordnete: Nebeneinkünfte werden zum Teil erst 2023 öffentlich

Bereits vor einem Jahr traten schärfere Regeln für Abgeordnete in Kraft. Doch der Bundestag hat die Nebeneinkünfte noch immer nicht veröffentlicht.

Unter dem Eindruck der Maskenskandale hat der Bundestag sich im vergangenen Jahr schärfere Regeln gegeben: Jetzt sollen alle Abgeordneten auf den Euro genau offenlegen, was sie neben ihrem Mandat verdienen. Das Gesetz trat im Oktober 2021 in Kraft. Doch ein Jahr später ist immer noch nicht öffentlich, was die Bundestagsabgeordneten nebenbei verdienen.

Auch alle anderen veröffentlichungspflichtigen Angaben, beispielsweise zur Art des Nebenjobs oder auch zu Aufsichtsratsmandaten, fehlen auf der Webseite des Bundestages. Damit gibt es ein Jahr nach der Neuregelung derzeit nicht mehr, sondern weniger Transparenz als vorher.

Das Abgeordnetengesetz ist geändert worden, um Vertrauen in die Demokratie herzustellen.

Aydan Özoğuz (SPD), Bundestagsvizepräsidentin

Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz  (SPD) ist nun bemüht, dem Eindruck entgegenzuwirken, im Parlament gebe es wenig Interesse an Transparenz. „Wir wollen die Veröffentlichung dieser Daten und sind in der Umsetzung jetzt wirklich dran“, sagte sie am Dienstag.

In der kommenden Woche sollen die Angaben der ersten 100 bis 150 Abgeordneten veröffentlicht werden, danach werde es schrittweise weitergehen. „Bis Ostern wollen wir möglichst alle Datensätze transparent machen“, sagte die Bundestagsvizepräsidentin. Das Abgeordnetengesetz sei vor allem deshalb geändert worden, „um Vertrauen in die Demokratie herzustellen“.

736
Abgeordnete gibt es im Bundestag

Dass es bis zu anderthalb Jahre dauern soll, bis das geänderte Abgeordnetengesetz auch umgesetzt ist, hat auch mit dem Stand der Digitalisierung im deutschen Parlament zu tun. Alle 736 Bundestagsabgeordneten erhielten vor einem Jahr einen Fragebogen, in dem sie ihre frühere Tätigkeit, Einkünfte neben dem Mandat sowie Posten in Vorständen oder Beiräten angeben sollen. Abgefragt werden auch Unternehmensbeteiligungen, sofern diese einen Anteil von fünf Prozent übersteigen. Ebenso müssen Abgeordnete angeben, ob sie weitere Zuwendungen erhalten haben, beispielsweise Reisekosten oder Gastgeschenke.

Der Fragebogen hatte 23 Seiten - auf Papier

Dieser sehr umfangreiche Fragebogen wurde den Abgeordneten allerdings nicht digital übermittelt, die Parlamentarier erhielten einen 23-seitigen Ausdruck. Im zuständigen Referat der Bundestagsverwaltung mussten dann die Angaben aus allen 736 Fragebögen mühsam abgetippt werden. Anfangs stand dafür nur eine Bürosachbearbeiterin zur Verfügung, mittlerweile wurde personell aufgestockt.

Die Datenbank, in die alle Angaben auf diese Weise übertragen wurden, ist allerdings auch auf technischer Seite bis heute nicht fertig. „Die Programmierung der Anpassungen ist derzeit noch nicht vollständig abgeschlossen, insbesondere Angaben zu Einkünften können noch nicht in allen Fällen verarbeitet werden“, teilte die Bundestagsverwaltung mit.

Geldbeträge können in die Datenbank nicht eingegeben werden

Im Klartext heißt das: Geldbeträge können in die Datenbank noch nicht richtig eingegeben werden. Künftig sollen die Abgeordneten ihre Nebentätigkeiten selbst digital eingeben. Noch ist das im Bundestag jedoch Zukunftsmusik. Da es in Sachen Digitalisierung noch hakt, hat sich der Bundestag nun zu einer schrittweisen Veröffentlichung der Daten entschieden.

Neben den Problemen mit der Digitalisierung gibt es noch einen weiteren Grund dafür, dass sich die Veröffentlichung der Nebentätigkeiten der Parlamentarier so massiv verzögert. Die Umsetzung der neuen Regeln ist in der Praxis offenbar deutlich schwieriger als gedacht. Selbständige müssen den Gewinn vor Steuern für jeden Vertragspartner ausweisen, bei Unternehmensbeteiligungen sind auch indirekte Beteiligungen einzubeziehen. Anwälte sollen künftig die Branche angeben, in der ihre Mandanten tätig sind.

Als Ende Januar die gesetzliche Frist zur Angabe der gewünschten Daten abgelaufen war, hatten viele Abgeordnete noch offene Fragen. Besonders groß war der Beratungsbedarf bei Anwälten, Geschäftsführern und Steuerberatern. Um Unklarheiten zu beseitigen, verständigte sich der Ältestenrat des Bundestages auf Erläuterungen, wie die neuen Regeln genau umzusetzen seien. Diese Ausführungsbestimmungen traten erst Mitte Mai in Kraft.

Daraufhin musste den Abgeordneten noch einmal Zeit gegeben werden, ihre Angaben zu überarbeiten – was zu weiterem Beratungsbedarf führte. Selbst dann entsprachen die Antworten der Abgeordneten offenbar nicht immer den neuen Regeln, waren in manchen Fällen unvollständig oder missverständlich. „Die Klärung zahlreicher Rückfragen der Verwaltung an Abgeordnete nimmt Zeit im Anspruch“, heißt es in der Bundestagsverwaltung.  

Neben den neuen Regeln für Abgeordnete hat das Parlament im vergangenen Jahr auch ein Lobbyregister beschlossen. Bei diesem Projekt gab es offenbar weder Probleme mit der inhaltlichen Umsetzung noch mit der Digitalisierung. Lobbyisten und Firmen können sich online in das Register eintragen, die Datenbank ist öffentlich zugänglich und durchsuchbar.

Die Datenbank der Bundestagsverwaltung zu den Nebentätigkeiten soll dagegen vorerst nicht öffentlich gemacht werden. Die Angaben werden wie in den vergangenen Jahren auf den wenig nutzerfreundlichen Bundestags-Seiten der einzelnen Abgeordneten veröffentlicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false