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Teilnehmer einer Gedenkverantstaltung für die Opfer des Attentats von Christchurch.

© Anthony Wallace / AFP

Attentat von Christchurch: Nicht das wirre Propaganda-Gewäsch glauben

Auch in Deutschland gibt es eine mehrheitlich ablehnende Haltung gegen Muslime. Sie dürfen nicht alleine in einen Topf geworden werden. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Was vor zehn Tagen in Christchurch 50 Menschen den Tod brachte, kann uns nicht kaltlassen. Was es in Neuseeland nie gab, gibt es in Deutschland: Eine mehrheitlich ablehnende Haltung gegen Muslime, insbesondere gegen bekennende, sowohl bei öffentlichen Stellen wie bei vielen Bürgern, übrigens auch bei türkischstämmigen Kulturmuslimen.

Die Zeichen dafür sind einfach zu lesen: Auch nach fast sechzig Jahren Einwanderung von Migranten muslimischer Zugehörigkeit gibt es keine repräsentative Moschee im Zentrum von Berlin, Hamburg, Köln oder München. Der öffentliche Raum soll muslimfrei bleiben. Kopftuchtragende Lehrerinnen dürfen in der Berliner Schule nicht unterrichten. Ärztinnen bekommen oft keine Stelle. Thilo Sarrazin schreibt über „Feindliche Übernahme“ durch Muslime. Muslimische Religionslehrer werden inzwischen in verschiedenen Bundesländern ausgebildet, doch ausreichend Arbeitsplätze im deutschen System gibt es nicht. Eltern schärfen ihren Kindern ein: „Sagt ja nicht in der Schule, dass wir gläubig sind und in die Moschee gehen.“

Ängste vor realer Bedrohung

Die Ablehnung wird begründet mit Ängsten vor realer Bedrohung. Das hätten doch die Terrortaten in Paris, Nizza, Berlin, Brüssel bewiesen und die waren ja zumindest islamisch begründet, haben also was mit dem Islam zu tun. Was macht uns sicher, was lässt uns vermuten, Menschen muslimischer Religion wären, ob sie es wollen oder nicht, in irgendeiner Weise seelenverwandt mit den Attentätern? Dabei zählen sie ja selbst zu den häufigsten Opfern weltweit.

Was hindert uns zu erkennen, dass es eine plausiblere Erklärung gibt? Die Mörder statten sich aus mit einer Aura, religiös (Islam) oder quasi-religiös (Islamisierung bekämpfen). Täten sie das nicht, wären sie ja nur, was sie sind: primitive Mordmaschinen. Dennoch glauben wir ihnen das wirre Propaganda-Gewäsch und werfen gleich alle in einen Topf.

Erdogan, der aktuell die Welt aufruft, Islamophobie so zu bekämpfen wie den Antisemitismus, ist kein vertrauenswürdiger Ratgeber für Religionsfreiheit. Die müssen wir schon selbst praktizieren und garantieren.

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