
© Axel Heimken/dpa
Null kritisch, schwach moderiert, leere Antworten: Der „Wahlarena“ fehlt das Format
In der „Wahlarena“ werden Leute immer wieder abgespeist. Nun haben die Moderatoren Scholz als langen Koalitionspartner davonkommen lassen. Wie hat er das geschafft?
Stand:
Ach, erinnert sich noch jemand an Reinhard Appel? Der war ein Großer der journalistischen Zunft, Intendant des Deutschlandfunks, Chefredakteur des ZDF, ein Formate-Erfinder, ein stets sachkundiger Moderator von Graden außerdem. Übrigens in Spandau aufgewachsen, das nur am Rande.
Dieser Appel war zehn Jahre lang, von 1976 bis 1986, Moderator der ZDF-Reihe „Bürger fragen – Politiker antworten“. Und den hätte das Format „Wahlarena“ - Bürger fragen, Politiker antworten! – dringend gebraucht.
Nein, früher war nicht alles besser, aber das auf jeden Fall. Denn das Format ist so, wie es jetzt ist, eine ziemliche Katastrophe. Null kritisch. Schlecht bis gar nicht moderiert. Mit leeren Antworten. Mit einem wie Appel wär’ das nicht passiert.
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Man schaut bei diesem Format dabei zu, wie Leute mit nichts und wieder nichts abgespeist werden und dafür auch noch dankbar sind. Da wird nicht nur den Fragern, sondern den Menschen draußen im Land alles Mögliche versprochen, und das, ohne Details und Folgen zu nennen. Aber was wäre, wenn einer die Antworten protokolliert hätte und später, bei Koalitionsverhandlungen oder im Parlament oder weiteren Bürgerrunden damit um die Ecke biegen würde?
Die Moderatoren scheinen sie nicht auf dem Zettel zu haben. Wie beim zweiten Kanzlerbewerber in der Sendeabfolge. Sollte man sich als Journalist:in nicht doch jetzt mal die Frage stellen, ob man die SPD als jahrzehntelangen Koalitionspartner der Union so einfach mit Olaf Scholz davonkommen lassen darf?
Offenbar nicht. Scholz beantwortet eine Frage nicht. Die Moderation hat gar nicht zugehört, und der nächste Gast redet über ein neues Thema: Afghanistan und die Blamage, die eigenen Leute im Stich gelassen zu haben. Scholz schaut redlich betreten, vergisst nur leider, dass es sein Minister war, der von ihm ausgesuchte Außenminister, der die Sache maßgeblich verbockt hat. Schiebt den Stand der Bundeswehr auf vier Jahre Schwarz-Gelb. Als hätte die SPD nicht ständig auch mit in der Regierung gesessen.
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Und die Moderation? Findet es gut. Oder sich. Die wirken, als stünden sie nicht im Stoff, die Moderatoren. Soll das so? Bei einer der letzten großformatigen Sendungen der Öffentlich-rechtlichen vor der Wahl? Doch wohl besser nicht. Denn das wäre ja Hofberichterstattungsmentalität. Und die hilft niemandem. Oder halt: wirkt höchstens wie Wahlkampfhilfe. Aber warten wir’s ab. Bei Armin Laschet, der als Letzter kommt - wie passend! - wird das womöglich ganz anders sein.
Dabei hätte der Auftakt schon gelingen können, immerhin mit einer Kanzlerbewerberin. Annalena Baerbock, die gerade wieder ins Rollen zu kommen scheint. Nur antwortete sie aus Schubladen, erschien dabei seltsam unzufrieden, und redete in einer Weise, die dann doch irritierte. Ungehobelt, könnte man sagen; nicht nur im Vergleich zur Kanzlerin.
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Scholz macht es aber schon deutlich besser als Baerbock. Staatsmännisch. Gesammelt. Lächelnd, kühl bis ans linke Herz, das ja bekanntermaßen mittig schlägt. Wie es aussieht und klingt, ist Scholz gar nicht so unglücklich, wenn die Grünen noch ein wenig verlieren und die Liberalen noch ein wenig zulegen. Auch wenn die FDP der SPD mehr zusetzen würde.
Lustig im Übrigen: Olaf Scholz ist jetzt eher so, wie er als Erster Bürgermeister in Hamburg war. In der Republik finden das alle neu und überraschend und vertrauenswürdig - fanden die Hamburger auch mal. Allerdings gab es da die ganzen Linken nicht im Hintergrund. Er ist andererseits ganz gut darin, die wegzudrücken, die ihm nicht passen. Man darf gespannt sein. Der Scholz-Zug rollt. Nächste Station: Laschet.
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