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Militäreinsatz: Obamas Gesandter: Afghanistan ist härter als Vietnam

Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, hält den Einsatz am Hindukusch für schlimmer, schwieriger und härter als den Vietnamkrieg. Vom Erfolg der Mission ist er dennoch überzeugt. Dieser sei "genauso im deutschen Interesse wie in unserem".

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Berlin - Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, hält den Einsatz am Hindukusch für schlimmer, schwieriger und härter als den Vietnamkrieg. Der „Zeit“ sagte er: „Er wird länger währen als Vietnam; er wird sich als der längste der amerikanischen Geschichte entpuppen.“ Die Bundesregierung kündigte am Mittwoch drei Wochen vor der Afghanistankonferenz in London ein eigenes Konzept zur künftigen Truppenstärke und Ausrichtung des Einsatzes an. Bisher hieß es, Deutschland werde sich erst nach der Konferenz zu einer möglichen Ausweitung des Engagements äußern.

Holbrooke sagte in einem Gespräch mit Josef Joffe, die Taliban seien zwar ein locker organisierter Haufen mit „auseinanderstrebenden Zielen“. Auch hätten die meisten Taliban nicht viel mit ihrem eifernden Führer Mullah Omar am Hut und noch weniger mit Al Qaida. Doch „andere Parallelen sind viel übler“. Der Vietcong habe seine Schutz- und Ausweichräume in Laos, Kambodscha und Nordvietnam gefunden; die Taliban hätten Pakistan. Das entwerte das US-Potenzial und lähme die Kriegführung. Denn: „Nordvietnam war der Feind, den konnten wir bombardieren. Pakistan aber ist unser Verbündeter.“ In keinem anderen Krieg Amerikas seien „Terrain und Logistik eine so fürchterliche Herausforderung“ gewesen. Der Ende 2001 begonnene Einsatz sei Amerikas härtester Krieg, gegen einen Feind, der noch nie so schwer zu fassen gewesen sei. „Jedes Jahr töten wir mehr Taliban, und jedes Jahr gibt es mehr von ihnen.“

Holbrooke betonte, die Präsenz am Hindukusch sei eine dreifache – mit einer militärischen, zivilen und Ausbildungsfunktion. „Die militärische wird ab Sommer 2011 stückweise abgebaut werden. Der Aufbau von Armee und Polizei wird mehr Zeit erfordern. Unser ziviles Engagement wird noch länger dauern.“ Der 68-jährige Diplomat zeigte sich trotz aller Probleme überzeugt, dass die Mission einen besseren Ausgang nehmen werde als Vietnam. Er betonte: „Das ist genauso im deutschen Interesse wie in unserem.“ Mitten in die heftige deutsche Debatte um das Engagement stellte er dabei die Frage: „Werden die Deutschen dieses gemeinsame Interesse auch würdigen?“

Die USA werden ihr Kontingent im Laufe des Jahres auf 100 000 Soldaten aufstocken. Im Rahmen der von der Nato geführten internationalen Schutztruppe Isaf sind derzeit rund 4300 deutsche Soldaten im Einsatz. Das Bundestagsmandat erlaubt eine Obergrenze von 4500. Außerdem sind deutsche Polizeiausbilder und Entwicklungshelfer im Land. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bezeichnete die mögliche Zahl von 2500 zusätzlichen deutschen Soldaten als „nicht realistisch“. Entscheidungen über die Aufstockung des deutschen Kontingentes sind nach Angaben seines Sprechers allerdings noch nicht gefallen. Zu der Strategie der Bundesregierung vor der Konferenz in London sagte ein Regierungssprecher, die Vorbereitung der von der Bundesregierung geplanten „Übergabe in Verantwortung“ geschehe derzeit im „kollegialen Miteinander“ der Kanzlerin und mehrerer Bundesminister. Beteiligt an den Überlegungen seien das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium, das Entwicklungshilfeministerium, das Innenministerium sowie das Bundeskanzleramt. Der Sprecher sagte, die Fäden liefen im Bundeskanzleramt zusammen.

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