zum Hauptinhalt
Klar im Plus: Bund, Länder und Kommunen nehmen mehr ein als sie ausgeben.

© Jens Kalaene/dpa

Öffentliche Haushalte: Der Staat macht einen Rekordüberschuss

Ein Plus von 38 Milliarden Euro schafft Spielräume. Dass der Überschuss bei Ländern und Kommunen höher ist als beim Bund, könnte Folgen für die Koalitionsgespräche haben.

Der Staat hat 2017 den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung verzeichnet. Insgesamt lagen die Einnahmen um 38,4 Milliarden Euro höher als die Ausgaben. Das ist nicht nur die größte Summe seit 1991. Mit 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist es auch die höchste Quote in Relation zur Wirtschaftsleistung. Das teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Treiber war die gute Wirtschaftslage: Das Wachstum lag 2017 bei 2,2 Prozent – das achte Jahr mit steigender Wirtschaftsleistung in Folge. Es war zudem das stärkste Wachstum seit 2011. Ökonomen erwarten eine Fortsetzung des Booms in diesem Jahr.

Für den Staat war es das vierte Jahr mit einem Plus in den Etats. Im Gegensatz zu den Vorjahren waren die Überschüsse der Länder (15,6 Milliarden Euro) und Kommunen (9,8 Milliarden Euro) deutlich höher als der des Bundes (3,1 Milliarden Euro). Auch bei den Sozialversichrungen waren die Einnahmen um 9,8 Milliarden Euro höher als die Ausgaben. Allein die Bundesagentur für Arbeit meldete ein Plus von fast sechs Milliarden Euro und hält deswegen eine Verringerung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von 3,0 auf 2,8 Prozent des Bruttolohns für möglich.

Bund weniger, Länder mehr

Steuern und Sozialbeiträge wuchsen wegen der guten Binnenkonjunktur, Rekordbeschäftigung und höheren Löhnen mit 4,2 Prozent schneller als die Ausgaben mit 3,4 Prozent. 2017 war so das vierte Jahr in Folge mit einem Plus in den staatlichen Haushalten. Der Überschuss ist seit 2014 stetig gewachsen – von 9,5 Milliarden Euro über 19,4 Milliarden (2015) und 25,7 Milliarden (2016) zur neuen Rekordsumme im Vorjahr. Der staatliche Überschuss verteilte sich etwas anders als in den vergangenen Jahren. Beim Bund ging der Überschuss deutlich zurück – nach 7,4 Milliarden Euro zuvor waren es 2017 noch 3,1 Milliarden Euro. Den größten Überschuss des Bundes im vereinigten Deutschland nach 1991 gab es im Jahr 2000 mit mehr als 28 Milliarden Euro.

Dagegen verzeichneten die Länder im vergangenen Jahr ihren bisher größten Überschuss: Die vom Statistikamt errechneten 15,6 Milliarden Euro sind mehr als dreimal so viel wie 2016, als das Haushaltsplus bei 4,8 Milliarden Euro lag. Der Länderüberschuss ist auch deutlich höher als das Plus in den Etats der Sozialversicherungen, das 2017 bei 9,8 Milliarden Euro lag - nach 8,2 Milliarden im Jahr zuvor. Auch bei den Gemeinden lagen die Einnahmen um 9,8 Milliarden Euro höher als die Ausgaben. 2016 hatte das kommunale Plus bei 5,2 Milliarden Euro gelegen.

CDU-Politiker Rehberg: Länder nicht weiter entlasten

Dass der Bund einen geringeren Überschuss ausweist, Länder und Kommunen dagegen einen höheren, dürfte sich auch in den Koalitionsgesprächen von Union und SPD niederschlagen. Zum einen erscheint eine Mitfinanzierung von Aufgaben der Länder und Kommunen aus dem Bundeshaushalt zumindest aktuell weniger dringlich, zum anderen dürfte die Bereitschaft der Landesregierungen, Entlastungen bei der Einkommensteuer im Bundesrat mitzutragen größer sein. Diese Steuer teilen sich Bund und Länder, weshalb der Bundesrat mitentscheidet.

Der CDU-Haushaltspolitiker Eckardt Rehberg sagte, es zeige sich, dass die massiven Entlastungen der Länder und Kommunen durch den Bund in den vergangenen Jahren nun ihre Wirkung zeigten. „Das bestätigt aus meiner Sicht die jüngsten Warnungen des Bundesrechnungshofs, dass der Bund sich nicht noch weitere massive Zahlungen auflasten sollte“, sagte Rehberg dem Tagesspiegel. „Die Zahlen zeigen vor allem: Den Ländern geht es derzeit besser als dem Bund. Wir haben sie überproportional entlastet, das sollte nun auch in den Gesprächen zur Bildung einer neuen Regierung eine Rolle spielen.“

Grüne: Klug investieren

Auch der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sieht den Bund jetzt nicht mehr in der Rolle des großen Finanziers. „Der Großteil des Überschusses entfällt auf die Länder, Gemeinden und die Sozialversicherungen. Der Anteil des Bundes am Überschuss liegt bei unter 10 Prozent. Damit sind die zusätzlichen Spielräume für die nächsten Jahre begrenzt", sagte er. "Klar ist auch: Dieser Überschuss ist vor allem der niedrigen Zinslage und der guten Konjunktur geschuldet. Er ist nicht strukturell. Der Überschuss muss jetzt genutzt werden, um die öffentlichen Investitionen zu steigern." Die Milliarden müssten in gute Kitas, gute Schulen, öffentlichen Nahverkehr, Klimaschutz und schnelles Internet investiert werden.

Der Bilanz der obersten Statistiker wird an diesem Freitag der Haushaltsabschluss des Bundesfinanzministeriums folgen und in ein oder zwei Wochen dann die Finanzstatist8k der Länder. Da das Wiesbadener Bundesamt etwas anders rechnet als die Regierungen in Bund und Länder, dürften sich Unterschiede ergeben, aber das Gesamtbild wird sich nicht massiv verändern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false