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Parteispitze räumt Fehler ein: SPD will sich bis 2027 neues Programm geben
Personell hat sich die SPD nach dem historisch schlechten Wahlergebnis bereits neu aufgestellt. Inhaltlich will sich die Partei ebenfalls erneuern. Der anvisierte Zeitplan ist ambitioniert.
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Vor nicht einmal einem Monat haben Union und SPD mit dem Koalitionsvertrag ihr Arbeitsprogramm für die nächsten vier Jahre vorgestellt. Die Sozialdemokraten wollen sich noch vor der nächsten Bundestagswahl 2029 ein neues Grundsatzprogramm geben. Das kündigte der designierte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf am Montag in Berlin an.
Nach der historischen Wahlniederlage im Februar könne in der Partei „kein Stein über dem anderen bleiben“, sagte Klüssendorf nach den Gremiensitzungen im Willy-Brandt-Haus. Die SPD müsse ihre Grundwerte von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität neu formulieren und sich so neu die Karten legen.
Der Prozess soll auf dem Parteitag Ende Juni angestoßen und die Arbeit daran „kompakt“ gestaltet werden. Bis 2027 soll das neue Parteiprogramm stehen, das dann nicht nur Fundament für die tägliche Arbeit sein soll, sondern auch für das Programm zur Bundestagswahl 2029.
Normalerweise dauert der Prozess für die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms Jahre. Das aktuelle stammt aus dem Jahr 2007. Das 79-seitige „Hamburger Programm“ wurde mit dem Ziel geschrieben, die Grundwerte, Ziele und politischen Leitlinien der SPD fit für das 21. Jahrhundert zu machen. Schon im Dezember 1999 wurde eine Kommission mit der Arbeit daran beauftragt.
Dieses Mal bleibt also deutlich weniger Zeit. Auch Klüssendorf sprach davon, dass der Zeitplan ambitioniert sei. Gleichzeitig ist die Ausgangslage eine deutlich dramatischere als zur Jahrtausendwende.
Bei der Bundestagswahl im Februar hat die SPD mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Geschichte der Bundesrepublik eingefahren. Auch Klüssendorf räumte ein, der SPD habe ein rundes inhaltliches Paket gefehlt. Zu häufig habe man zielgruppenspezifische Angebote gemacht und nur einzelne Politikinhalte adressiert. Nötig sei nun eine grundsätzliche programmatische Klärung.
Im Entwurf für den Parteitag-Leitantrag spricht auch die SPD-Spitze von Fehlern: „Unsere politische Kommunikation war oft zu komplex, hat die Gefühle und Lebenslagen der Menschen nicht erreicht und wurde zu oft als PR verstanden – nicht als Dialog.“ Strategisch sei man nicht klar genug gewesen. Dadurch sei viel Vertrauen verloren gegangen.
Beim Parteitag Ende Juni soll nun die Spitze gewählt werden – eine völlige Neuaufstellung ist allerdings nicht geplant. Vizekanzler Lars Klingbeil will Parteichef bleiben. Als Co-Parteichefin tritt Arbeitsministerin Bärbel Bas an. Klüssendorf soll Generalsekretär werden und damit auf den neuen Fraktionschef Matthias Miersch folgen. (mit dpa)
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