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Politik: Pflege-Sparen soll nicht privat verwaltet werden Versicherungsjuristisches Gutachten sieht

gesetzliche Krankenkassen in der Pflicht

Berlin - Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will im kommenden Jahr die Einführung einer privaten Pflegezusatzversicherung nach dem Vorbild der Riester-Rente in Angriff nehmen. Der Aufbau einer kapitalgedeckten Säule für die Pflege werde das zentrale Element einer groß angelegten Reform sein, sagte Rösler. Die kapitalgedeckte Zusatzvorsorge soll wie im Koalitionsvertrag vorgesehen eine Ergänzung zur bestehenden Pflegeversicherung sein. Derzeit ist die Pflegeversicherung umlagefinanziert: Die Beitragszahler bezahlen wie auch bei der gesetzlichen Rente die Kosten für die aktuell Pflegebedürftigen.

Bisher ist unklar, ob Krankenkassen oder Privatversicherer das neue Modell tragen sollen. Vorgegeben ist bislang nur dreierlei: Das Ansparen soll – anders als die Riester-Rente – verpflichtend sein. Der Kapitalstock soll später nicht für andere, sondern nur für die jeweils eigene Pflegeleistung zur Verfügung stehen. Und die Politik darf, so hat es Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auch bereits formuliert, keinerlei Zugriff auf den privaten Kapitalstock haben.

Ein Rechtsgutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt, kommt zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Krankenkassen das Geld selbst verwalten sollten, das ihre Versicherten künftig für spätere Pflegeleistungen ansparen sollen. Die Expertise stammt von dem Kölner Versicherungsrechtler Christian Rolfs, sie wurde vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Auftrag gegeben. Der angestrebte Kapitalstock für die Pflegeversicherung wäre so nicht nur vor einem Zugriff des Gesetzgebers gesichert, sondern dort auch gut aufgehoben, heißt es darin. Würde die Demografiereserve der Kassenmitglieder dagegen bei privaten Versicherern aufgebaut, drohten „erhebliche Effizienzdefizite“.

Die Privatversicherer vertreten die Auffassung, die effiziente Verwaltung des Geldes sei nur bei ihnen garantiert. Schließlich habe man jede Menge Erfahrung mit den Alterungsrückstellungen der eigenen Mitglieder, die sich bereits auf 16,5 Milliarden Euro beliefen, argumentiert der Verband in einer Stellungnahme. In der sozialen Pflegeversicherung dagegen gebe es keine „Sicherheit vor einem Zugriff durch die Politik“. Alle Erfahrungen zeigten, „dass auch zweckgebunden gedachte Rücklagen von den unterschiedlichsten Regierungen immer wieder für andere Zwecke missbraucht“ würden. „Die Versuchung der Politik, sich zum Beispiel bei Haushaltsnotlagen und Einnahmeproblemen im Zweifel an zunächst für andere Zwecke gedachten Rücklagen zu bedienen, ist einfach zu groß.“

Der Rechtswissenschaftler Rolfs sieht das anders. Sozialversicherungsrechtliche Anwartschaften und Ansprüche genössen unter bestimmten Bedingungen sehr wohl den „verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums“, schreibt er. Die dafür nötige Zuordnung sei „unproblematisch, wenn das Kapital der Bedeckung konkreter Risiken (z.B. der stationären Pflegebedürftigkeit) dient“ oder für eine „Dynamisierung der Leistungen“ eingesetzt werden solle. Genau dies strebt die schwarz-gelbe Regierung an. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass in der Pflegeversicherung neben dem bestehenden Umlageverfahren eine ergänzende Kapitaldeckung nötig sei, um „auch künftig angemessene Pflegeleistungen zu einem bezahlbaren Preis erhalten“ zu können. Auch die „Mündelsicherheit“ könne bei den gesetzlichen Kassen „einfach gesetzlich ausgestaltet werden“, heißt es in dem Gutachten. Das bedeutet, dass das einmal angesparte Geld auch bei Arbeitslosigkeit und Pfändung nicht verloren gehen darf. Für Rolfs wäre dies garantiert, wenn die Kassen das Geld etwa unter den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen für private Lebensversicherer anlegten. Zudem habe sich der Gesetzgeber am Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu orientieren – woraus „tendenziell“ folge, dass ein möglicher Zugriff auf privates Eigentum in der sozialen Pflegeversicherung „den gleichen engen Beschränkungen unterliegt wie in der Privatversicherung“.

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