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Eine alte Dame mit einer Betreuerin auf einer Parkbank.

© Imago/Westend61/HalfPoint

Weniger Bürokratie, mehr Kompetenzen: Mit diesen Schritten will Schwarz-Rot den Pflegenotstand bekämpfen

Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig, zugleich fehlen Pflegekräfte. Um das Problem zu lösen, will die Bundesregierung am Mittwoch ein neues Gesetz auf den Weg bringen. Doch wie vielversprechend ist es?

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Wer zuletzt im Krankenhaus behandelt wurde oder dort Angehörige besucht hat, wird es schnell bemerkt haben: Ohne Fachkräfte aus dem Ausland würde die Pflege in Deutschland zusammenbrechen. Diesen subjektiven Eindruck belegt auch eine aktuelle Studie der Bundesagentur für Arbeit.

Demnach hatten im Juni 2024 zwar 82 Prozent der 1,42 Millionen Pflegekräfte hierzulande einen deutschen Pass. Der Anteil der ausländischen Pflegekräfte steigt aber seit Jahren und ist in den vergangenen zehn Jahren für den Großteil des Beschäftigungsanstiegs verantwortlich.

Trotz einer inzwischen deutlich besseren Bezahlung tut sich Deutschland in der Kranken- und Altenpflege bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte aber weiter schwer. Obwohl die Pflegekräfte aus dem Ausland oft ein abgeschlossenes Studium haben, dürfen sie hier medizinische Behandlungen oft nur unter Aufsicht durchführen.

Das Gesetz verankert die Profession Pflege als eigenständigen Heilberuf erstmalig fest in der Gesundheitsversorgung.

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

Es irritiere viele hoch qualifizierte ausländische Pflegefachkräfte, „dass Ärzte bei jeder Behandlung den Hut aufbehalten wollen“, berichtet Ralf Geisel vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) dem Tagesspiegel.

Die Bundesregierung will das nun ändern. An diesem Mittwoch wird das Kabinett das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege auf den Weg bringen. Man wolle die Kompetenzen von Pflegefachpersonen stärker würdigen, heißt es in dem Gesetzentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt. Das sogenannte Leistungsspektrum soll dafür erweitert werden – also die Tätigkeiten, für die Pflegekräfte verantwortlich sind.

Mehr Befugnisse, weniger Bürokratie

Das Gesetz verankere „die Profession Pflege als eigenständigen Heilberuf erstmalig fest in der Gesundheitsversorgung“, freut sich Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats. Sie betont, dass Pflegefachpersonen „ihre Kompetenzen künftig eigenverantwortlich und selbstständig nutzen können“ sollen – also ohne ärztliche Aufsicht.

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„Das stärkt die Gesundheitsversorgung und optimiert die Ressourcennutzung im Gesundheitswesen“, sagt Vogler dem Tagesspiegel. Es sei notwendig und richtig, dass Pflegefachpersonen heilkundliche Aufgaben entsprechend ihrer Qualifikation übernehmen könnten.

Mit der Reform, die sich bereits die Ampelkoalition vorgenommen hat, kommt die Bundesregierung nicht nur ausländischen Pflegekräften entgegen. Auch in der dreijährigen Ausbildung in Deutschland erwerben Pflegefachkräfte schon lange medizinische Fähigkeiten. Zudem gibt es inzwischen auch hierzulande Pflegestudiengänge, um den Pflegeberuf aufzuwerten.

Konkrete Aufgaben noch unklar

Welche konkreten medizinischen Aufgaben Pflegekräfte übernehmen werden, muss sich noch zeigen. Mehr Kompetenzen sollen sie laut Gesetzentwurf unter anderem bei der Behandlung von Diabetikern, bei der Wundversorgung und der Betreuung von Demenzkranken übernehmen.

In diesen Bereichen übernehmen Pflegekräfte unter ärztlicher Aufsicht schon heute viele medizinische Aufgaben. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten, berichtet Ralf Geisel, der im hessischen Frielendorf-Großropperhausen zusammen mit seiner Frau auch einen ambulanten Pflegedienst betreibt.

„Wenn sich Ärzte bei der Wundversorgung denken, dass eine einfache Mullkompresse schon reicht, sind Pflegefachkräfte mit ihrem Latein am Ende, obwohl sie bei der Versorgung von chronischen Wunden viel Kompetenz mitbringen“, sagt Geisel. Denn bisher entscheidet allein der Arzt. Hier sollten Pfleger „auch die Verantwortung bekommen“, so Geisel. Einen genauen Aufgabenkatalog sollen die Pflegeverbände und Wissenschaftler im Auftrag der Kassen nun erarbeiten.

Auch an einem Abrechnungsmechanismus mit den Kranken- und Pflegekassen wird noch gearbeitet. Hierzu sollen laut Gesetzentwurf die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Spitzenverbände der Krankenkassen und Pflegeverbände bis zum 31. Juli 2027 eine Einigung finden.

Das Bundeskabinett wird an diesem Dienstag zudem ein Gesetz beschließen, mit dem die Ausbildung von Pflegefachassistenten bundesweit vereinheitlicht werden soll.

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