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Politik: Pflegezeit ohne Anspruch

Berlin - Die Regierungskoalition will die sogenannte Familienpflegezeit nun doch nur auf freiwilliger Basis einführen. Das Gesetz, wonach Berufstätige ihre Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 50 Prozent reduzieren können, wenn sie Angehörige pflegen, wird den Ministerien an diesem Donnerstag zur Abstimmung vorgelegt und soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Berlin - Die Regierungskoalition will die sogenannte Familienpflegezeit nun doch nur auf freiwilliger Basis einführen. Das Gesetz, wonach Berufstätige ihre Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 50 Prozent reduzieren können, wenn sie Angehörige pflegen, wird den Ministerien an diesem Donnerstag zur Abstimmung vorgelegt und soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Man wolle sich dabei „am Modell der Altersteilzeit orientieren“, bei dem auch niemand „in gesetzliche Zwänge gedrängt“ werde, teilte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) mit.

Arbeitnehmer können demnach mit ihrem Arbeitgeber entsprechende Vereinbarungen treffen, einen Rechtsanspruch soll es jedoch nicht geben. Dem Modell zufolge erhalten Beschäftigte, obwohl sie der Firma dann nur halbtags zur Verfügung stehen, 75 Prozent ihres bisherigen Gehalts. Zum Ausgleich müssen sie danach so lange für dasselbe Einkommen Vollzeit arbeiten, bis ihr Zeitkonto wieder ausgeglichen ist. Bislang können Berufstätige für die Angehörigenpflege nur ein halbes Jahr unbezahlt Urlaub nehmen.

Ursprünglich hatte Schröder die Firmen zu diesem Angebot verpflichten wollen. Sozialverbände und Opposition kritisierten ihr Einlenken aufs Schärfste. Der Sozialverband VdK warf der Koalition vor, vor Teilen der Arbeitgeberlobby einzuknicken. Nach den vollmundigen Ankündigungen gebe es nun „nichts weiter als eine Empfehlung für die Betriebe“, sagte Grünen-Expertin Elisabeth Scharfenberg. Die Zahl der Unternehmen, die dies freiwillig anböten, werde „mehr als überschaubar bleiben“, prophezeite sie und sprach von einer „Verhöhnung“ pflegender Angehöriger. Und der paritätische Wohlfahrtsverband bezeichnete den Verzicht auf einen Rechtsanspruch als „pflegepolitischen Offenbarungseid“ und faulen Kompromiss. „Der Pflegegipfel und alle Lippenbekenntnisse von Anfang dieser Woche werden ad absurdum geführt“, sagte Verbandschef Eberhard Jüttner. Rainer Woratschka

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