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Das frühere deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau in Oswiecim (Polen).

© Jan Woitas/dpa

Nach internationaler Kritik: Polen entschärft umstrittenes Holocaust-Gesetz

Die polnische Regierung entschärft überraschend das Gesetz, das die Andeutung einer Komplizenschaft Polens beim Holocaust unter Strafe stellt. Haftstrafen sollen nun wegfallen.

Nach einem heftigen diplomatischen Streit mit Israel entschärft Polens Regierung ihr umstrittenes Holocaust-Gesetz. Das Unterhaus Sejm stimmte am Mittwoch dafür, die bisher vorgesehenen Strafmaßnahmen von bis zu drei Jahren Haft aus dem Gesetz zu streichen. Nach Angaben der Regierenden hätten sie vom eigentlichen Ziel des Gesetzes, der Verteidigung des guten Namens Polens, abgelenkt. „Das Ziel ist und bleibt der Kampf um die Wahrheit in der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit“, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

Das im Januar verabschiedete Gesetz sah Geld- und Haftstrafen für diejenigen vor, die dem polnischen Staat oder Volk „öffentlich und entgegen den Fakten“ die Verantwortung oder Mitverantwortung für Verbrechen des Nazi-Regimes zuschreiben. Es hatte eine tiefe diplomatische Krise zwischen Israel und Polen ausgelöst.

Das Gesetz war vor allem in Israel und den USA auf scharfe Kritik gestoßen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte von Bemühungen gesprochen, die Geschichte zu ändern. Das US-Außenministerium hatte Polen aufgefordert, den Gesetzentwurf zu überarbeiten, da Meinungsfreiheit und Wissenschaft eingeschränkt werden könnten. Polens Präsident Andrzej Duda hatte bei der Unterzeichnung des Gesetzes im Februar erklärt, die neue Regelung schütze "polnische Interessen ... unsere Würde, die historische Wahrheit".

Internationale Kritik soll Rolle gespielt haben

Polens Regierung argumentierte, sie wolle unter anderem historisch falsche Ausdrücke wie „polnische Todeslager“ unterbinden. Präsident Andrzej Duda hatte das Gesetz zwar unterschrieben, aber zur Prüfung an das Verfassungsgericht gegeben. Ein Urteil des Gerichts steht bisher aus. Ein Abgeordneter der Regierungspartei PiS sagte, die internationale Kritik vor allem aus den USA habe eine Rolle bei der Entscheidung zur Änderung des Gesetzes gespielt. Polen bemüht sich um Sicherheitsgarantien des Nato-Partners USA gegen Russland, von dem sich das Land zunehmend bedroht fühlt.

Die von Morawiecki überraschend vorgestellten Gesetzesänderungen kommen dem Gerichtsurteil nun zuvor. Mit dem Senat sollte auch die zweite Parlamentskammer noch am Mittwoch über die Änderungen abstimmen. Die Zustimmung galt als wahrscheinlich, da die PiS mit absoluter Mehrheit regiert.

Mehr als drei Millionen der 3,2 Millionen Juden, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Polen gelebt haben, wurden von den Nationalsozialisten umgebracht. Das entspricht etwa der Hälfte aller Juden, die im Holocaust umkamen. Die Nazis brachten Juden aus ganz Europa im besetzten Polen in Vernichtungslager wie Auschwitz und Treblinka. (dpa, Reuters)

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