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Polizisten im Dienst sind manchmal auch nur Opfer von Straftaten.

© dpa

Gewalt gegen Ordnungshüter: Polizisten sind zu schützen - aber auch nicht mehr als andere Bürger

Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte soll schärfer bestraft werden. Es gäbe bessere Wege, ihnen Respekt zu zeigen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Hilfe für Opfer, Härte gegen Täter. Das kommt an. Deshalb wird der Widerspruch zu den jüngsten Gesetzesbeschlüssen der Regierung im Bundestag beschränkt bleiben. Ein Schmerzensgeld für Hinterbliebene von Gewaltopfern war überfällig, die Gefährder-Fußfessel, ein weiterer verfassungsrechtlicher Grenzgang in der Terrorabwehr, erschien nach dem Berliner Attentat unvermeidlich. Ganz so alternativlos ist ein drittes Projekt nicht, doch darf es sich bei der Bevölkerung auf mutmaßlich breiten Zuspruch stützen: strengere Strafen für Gewalt gegen Polizisten.

Es ist ein älterer Wunsch der Ordnungskräfte und ihrer politischen Vertreter, mit dem sie erst jetzt in der Koalition durchdringen konnten. Warum nicht früher? Weil mehr darin steckt als der Justizminister nach außen verkauft. Angriffe auf Polizisten sind „völlig inakzeptabel“, sagt Heiko Maas. Ein Satz, der für alle Angriffe gelten sollte. „Polizisten werden alltäglich brutal attackiert“, sagt er, was leider ebenso alltäglich bei anderen stimmt, die Opfer werden.

Ein weiteres Argument der Regierung, wonach die Verschärfungen erforderlich sein sollen, weil alles immer schlimmer wird, spiegelt eher politische Sichtweisen. Kriminologische Statistiken und Befunde lassen verschiedene Deutungen zu, zumal Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte einiges damit zu tun hat, mit welcher Massivität Polizisten bei ihren Einsätzen auftreten und vorgehen. Selbst wenn ein Anstieg zu konstatieren sein sollte, dramatisch war er in den vergangenen Jahren nicht.

Nein, es geht um etwas anderes, und auch diese Worte tauchen im Regierungsentwurf auf: Respekt und Wertschätzung für die Polizei. Mit der Angst vor Terror, Kriminalität und – ja, auch dies – vor Flüchtlingen ist das Bewusstsein dafür gestiegen, dass Polizisten nicht nur die Typen sind, die bei lauten Partys an der Haustür klingeln, sondern die zentralen Garanten für Sicherheit im öffentlichen Raum, ausgestattet mit besonderer Autorität und mit den besonderen Befugnissen als Vertreter eines staatlichen Gewaltmonopols. Sie beschützen die Bürger, wie die Bürger auch sie zu beschützen haben.

Diese Verhältnisse werden durch das geplante Gesetz verschoben. Jeder Übergriff auf die Uniformträger wird künftig mit einer Mindeststrafe von drei Monaten Haft bedroht. Ein Schubser zieht also den Eintrag in das Führungszeugnis nach sich, der Delinquent gilt als vorbestraft. Opfer ohne Uniform entbehren diesen Schutz, denn Körperverletzung kann auch mit Geldstrafe belegt werden. Während Polizisten hier als berufsmäßig Gefährdete bisher eher etwas mehr hinzunehmen hatten als andere, soll dies nun umgekehrt sein.

Eine ehrliche Kriminalpolitik müsste zugeben, dass sie aus den Ordnungshütern Unberührbare machen will – während sie allen anderen Bürgern diesen Status versagt. Wer weiß, vielleicht wäre dies sogar das bessere, weil noch deutlichere Signal gewesen, um Respekt und Wertschätzung erkennen zu lassen. Die größte und wohl wichtigste Wertschätzung aber fehlt ohnehin noch. Sie läge darin, die Polizei mit reichlich qualifiziertem Personal und zeitgemäßem Material auszustatten, um derlei Gesetze zu erübrigen.

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