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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

© AFP/ Bulent Kilic

Wahlen in der Türkei: Präsident Erdogan festigt seine Macht

Staatschef Recep Tayyip Erdogan gewinnt die Präsidentenwahl in der Türkei, doch seine AKP büßt bei der Parlamentswahl rund sieben Prozent ein. Die Opposition erkennt die Ergebnisse nicht an.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat die Präsidentenwahl am Sonntag gewonnen und damit seine Macht gefestigt. Nach vorläufigen Ergebnissen kam Erdogan auf rund 53 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Muharrem Ince landete bei etwa 31 Prozent. Bei der gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahl musste Erdogans Regierungspartei AKP jedoch Stimmenverluste von rund sieben Prozentpunkten hinnehmen und verlor ihre Mehrheit im Parlament. In der Volksvertretung will die AKP nun mit der nationalistischen MHP zusammenarbeiten, um ihre Ziele durchzusetzen. Inces Oppositionspartei CHP wollte die Ergebnisse am Sonntagabend nicht anerkennen.

Recep Tayyip Erdogan erklärte sich am Sonntagabend aufgrund von „inoffiziellen Ergebnissen“ zum Sieger der Präsidentenwahl. „Demnach hat unser Volk meiner Person den Auftrag der Präsidentschaft und der Regierung gegeben“, sagte er in Istanbul. Erdogan sprach von einer „großen Verantwortung“ für sich selbst und für die Mehrheitsfraktionen im Parlament. Die Wahl habe die Stärke der Demokratie in der Türkei unter Beweis gestellt. Über die Beschwerden der Opposition sagte er, die Einsprüche gegen die Resultate könnten dem Land schaden. In Zukunft werde die Türkei „in allen Bereichen“ gestärkt werden. Niemand solle ausgegrenzt werden, sagte der Präsident. Kritiker werfen Erdogan vor, zunehmend autokratisch zu regieren und den Druck auf Andersdenkende in den vergangenen Jahren drastisch erhöht zu haben.

Das Präsidialsystem räumt nun Erdogan weitreichende Befugnisse ein

Mit der Wahl wurde in der Türkei ein Präsidialsystem in Kraft gesetzt, das Erdogan weitreichende Machtbefugnisse einräumt. Die Rechte des Parlaments werden durch das System beschnitten. So ist die Regierung künftig nicht mehr der Volksvertretung verantwortlich, sondern dem Präsidenten. Erdogan hat eine Verkleinerung des Kabinetts und eine effiziente Regierungsarbeit angekündigt. Der 64-jährige Erdogan hat mit der Wahl sein politisches Traumziel erreicht. Er kann nun in zwei Amtsperioden bis maximal 2028 regieren.

Die oppositionelle CHP hatte sich das Ziel gesetzt, Erdogan zu einer Stichwahl am 8. Juli zu zwingen. Parteisprecher Bülent Tezcan erklärte, nach den Zahlen seiner Partei liege Erdogans Stimmanteil weit unter der Marke von 50 Prozent, die für einen Sieg in der ersten Runde der Präsidentenwahl entscheidend ist. Allerdings rechnete auch der von der Opposition unterstützte Stimmen-Zähldienst Adil Secim eine absolute Mehrheit für Erdogan aus. Die CHP rief ihre Vertreter auf, sie sollten in den Wahllokalen bleiben, um Manipulationen bei den Auszählungen zu verhindern. Von der Wahlkommission in Ankara lagen zunächst keine Angaben vor. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 87 Prozent ein Rekordergebnis.

Für das Verhältnis zwischen der Türkei und ihren westlichen Partnern in Europa und den USA ist nach der Wahl keine rasche Normalisierung zu erwarten. Erdogan hatte sich im vergangenen Jahr einen heftigen Streit mit Deutschland und anderen europäischen Staaten geliefert. Mit den USA liegt Ankara wegen der amerikanischen Unterstützung für kurdische Milizionäre in Syrien über Kreuz. Gleichzeitig hat Erdogan die Zusammenarbeit mit Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin deutlich intensiviert.

In Berlin feierten am Abend mehrere Hundert AKP-Anhänger den Sieg des türkischen Präsidenten in der City West mit einem Autokorso und Fahnenschwenken. Rund um den Breitscheidplatz mussten Busse umgeleitet werden, um nicht in den Stau der Feiernden zu geraten.

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