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Prozess um Bestechungsgeld aus Aserbaidschan: Früherer CDU-Politiker bestreitet Vorwurf der Korruption
Erstmals muss sich ein ehemaliger Abgeordneter des Bundestages wegen Bestechlichkeit verantworten. Axel Fischer soll mehr als 80.000 Euro Bargeld aus Aserbaidschan erhalten haben.
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Die beiden Männer, die einander an diesem Donnerstag in München wieder begegnen, kennen sich lange. Als der 80-jährige Eduard Lintner mit einigen Minuten Verspätung den Saal betritt, bleibt er kurz vor Axel Fischer stehen und gibt ihm die Hand.
Beide saßen mehrere Jahre gemeinsam im Bundestag. Man traf sich im Plenarsaal oder in der Unionsfraktion. Doch an diesem Donnerstagmorgen sitzen beide gemeinsam auf der Anklagebank des Oberlandesgerichts München.
Dem ehemaligen CDU-Politiker Fischer wird vorgeworfen, er habe sich in seiner Zeit als Abgeordneter bestechen lassen, dem CSU-Mann Lintner wird zur Last gelegt, nach seinem Ausscheiden aus der Politik Abgeordnete bestochen zu haben.
Der Fall ist in der Justizgeschichte bisher einmalig. Zum ersten Mal geht es vor einem deutschen Gericht um die Bestechung von Abgeordneten des Bundestages.
Drastischer Fall ausländischer Einflussnahme
Der Korruptionsprozess hat aber auch eine politische Dimension: Verhandelt wird über einen besonders drastischen Fall ausländischer Einflussnahme. Denn Fischer und die mittlerweile verstorbene CDU-Abgeordnete Karin Strenz sollen nach den Erkenntnissen der Ermittler Bestechungsgeld aus Aserbaidschan angenommen haben und dafür im Interesse des autoritär regierten Landes gehandelt haben.
Das Regime in Baku versuchte über viele Jahre, Abstimmungen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu seinen Gunsten zu beeinflussen und beispielsweise Kritik an Menschenrechtsverletzungen zum Schweigen zu bringen.
Die Einflussnahme begann mit Reisen und Gastgeschenken für Abgeordnete aus mehreren europäischen Ländern und reichte bis zu Überweisungen in Millionenhöhe.
Eduard Lintner war nach seinem Ausstieg aus der Politik als Lobbyist tätig. Zwischen 2008 und 2014 habe er über elf ausländische Briefkastenfirmen insgesamt etwa 3,4 Millionen Euro aus Aserbaidschan erhalten, sagte Oberstaatsanwalt Martin Weigl bei der Verlesung der Anklage. Einen Teil des Geldes soll Lintner später an Strenz weitergeleitet haben.
„Bewerbungsschreiben“ für Bestechungsgeld?
Im Februar 2014 ließ Lintner der CDU-Abgeordneten durch eine Mitarbeiterin ausrichten, er werde sich bei den Aserbaidschanern dafür einsetzen, dass sie die gleichen Zuwendungen erhalte wie Fischer.

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Strenz habe sogar auf Bitten des aserbaidschanischen Abgeordneten Elkhan Suleymanov ein „Bewerbungsschreiben“ verfasst, wie es in der Anklage heißt. Darin sicherte sie Aserbaidschan ihre „unermüdliche und uneingeschränkte Unterstützung“ zu.
Insgesamt soll sie dafür rund 150.000 Euro erhalten haben. Die Generalstaatsanwaltschaft München will dieses Geld bei dem Erben der verstorbenen Politikerin einziehen lassen. Weder ihr Mann noch dessen Anwalt erschienen aber im Gericht.
April 2011: 10.000 Euro, Mai 2011: 3000 Euro, Juni 2011: 6000 Euro…
Oberstaatsanwalt Martin Weigl verliest im Gerichtssaal eine Liste mit Daten und Bestechungsgeldbeträgen.
Nur ein kleinerer Teil dieser Summe wurde über Lintners Firma gezahlt. Das meiste Geld soll Strenz in bar erhalten haben, wenn sie zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates nach Straßburg fuhr. Mehrmals im Jahr erhielt sie auf diese Weise einen fünfstelligen Betrag.
Mitarbeiterin versteckte Geld „in ihrem Hotelbett“
Einmal gab sie das Geld in Straßburg zur Aufbewahrung an Lintners Mitarbeiterin Ellada M., die mit ihr unterwegs war und offenbar dafür sorgen sollte, dass Strenz sich auch wirklich für Aserbaidschan einsetzte. Ellada M., die nun wegen Beihilfe auf der Anklagebank sitzt, versteckte das Geld „in ihrem Hotelbett“, so die Anklage.
Bei anderer Gelegenheit ermunterte Ellada M. die CDU-Politikerin vor einer Abstimmung im Europarat, sie solle „tapfer und stark“ im Sinne Aserbaidschans votieren.
Doch nicht nur Strenz, auch Fischer soll nach den Erkenntnissen der Ermittler regelmäßig Bargeld bekommen haben. Oberstaatsanwalt Weigl liest im Gerichtssaal eine Liste mit Daten und Geldbeträgen vor: „April 2011: 10.000 Euro, Mai 2011: 3000 Euro, Juni 2011: 6000 Euro…“

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Es ist eine lange Liste, die einen Zeitraum von 2011 bis 2016 erfasst. Insgesamt soll Fischer rund 84.000 Euro in bar erhalten haben – deutlich mehr als bisher öffentlich bekannt.
Allerdings wurde erst im September 2014 der Paragraf 108e des Strafgesetzbuches verschärft und auf die Tätigkeit in parlamentarischen Versammlungen internationaler Organisationen ausgeweitet. Für die strafrechtliche Bewertung relevant ist nur das Geld, das er danach erhalten haben soll, ein Teil davon ist zudem bereits verjährt.
Angeklagter erhebt Vorwürfe gegen Staatsanwaltschaft und Medien
Die Generalstaatsanwaltschaft München wirft Fischer vor, er habe einen vertraulichen Entwurf eines Berichts zu Armenien an die Abgeordneten aus Baku weitergeleitet. Außerdem soll er im Januar 2016 im Europarat zugunsten Aserbaidschans abgestimmt haben. Zudem habe er Strenz im Europarat für einen wichtigen Ausschuss vorgeschlagen, damit sie dort ihre Tätigkeit für Aserbaidschan fortsetzen konnte.
Fischer bestreitet die Vorwürfe. In einer von seinem Verteidiger Heiko Hofstätter verlesenen Erklärung heißt es, die Anklage erschöpfe sich „in weitgehend pauschalen und in sich nicht haltbaren Vorwürfen“. Es gebe „keinerlei belastbare Beweise oder auch nur Indizien“ für eine Unrechtsvereinbarung zwischen Fischer und Vertretern Aserbaidschans.
In seiner Erklärung warf Fischer den Medien eine Vorverurteilung und der Generalstaatsanwaltschaft „Stimmungsmache“ vor. Zudem wandte er sich dagegen, dass sein Fall und die Vorwürfe gegen Lintner und Strenz zusammen verhandelt werden.
Neben ihm und Lintner müssen sich in diesem Prozess zwei Personen wegen Beihilfe zur Bestechung von Mandatsträgern verantworten. Bisher sind 39 Verhandlungstage angesetzt. Lintner will sich vorerst nicht zu den Bestechungsvorwürfen äußern.
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